Die Rostocker Reederei Aida Cruises vergibt Auftrag für zwei Kreuzfahrtriesen nach Japan. Asiaten sagen europäischen Werften den Kampf an.

Papenburg/Hamburg. Für die Meyer Werft, den weltweiten Marktführer unter den Traumschiffbauern, ist es einfach nur bedauerlich. "Wir haben hart kalkuliert und hätten den Auftrag gern übernommen. Auch mit dem Zeitraum für die Lieferung und der Größe der Schiffe hätten wir keine Probleme gehabt", sagte Werftsprecher Peter Hackmann gestern dem Abendblatt. Für den Auftraggeber, die Reederei Aida Cruises aus Rostock, ist die Bestellung von zwei Kreuzfahrtriesen in Japan dagegen schlicht das Ergebnis einer weltweiten Ausschreibung. "Der Beste", sagt Reedereisprecher Markus Wohsmann, "hat gewonnen."

Nach sieben Aufträgen für "Aida"-Kreuzer, die durch ihren charakteristischen Kussmund bekannt sind, hat die Meyer Werft bei den nächsten beiden Schiffen den Kürzeren gezogen. Die Bestellung für die mit 125 000 BRZ gegenüber ihren Vorgängern deutlich größeren Schiffe ging an die japanische Mitsubishi Werft. Sie soll die Kreuzer für je 3250 Passagiere im März 2015 sowie ein Jahr später abliefern.

Entscheidend für den Zuschlag war offensichtlich der Preis von 455 Millionen Euro. Mit ihm kaufen sich die Japaner, die seit Jahren keine Kreuzfahrer mehr gebaut haben, in den lukrativen Markt ein. Er wird derzeit von vier Werften in Europa dominiert.

"Es ist ein Dammbruch, dass nun auch solche Passagierschiffe in Asien bestellt werden. Und es ist besonders tragisch, dass der Auftrag auch noch von einem deutschen Unternehmen kommt", sagt Werner Lundt, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), dem Abendblatt. Für den Preis hätte man in Europa allenfalls das Material einkaufen können. 80 bis 100 Millionen Euro, so schätzen Experten, liegt das Angebot der Japaner unter dem Marktniveau. Zum Vergleich: Die von den Papenburgern im Dezember abgelieferte und mit 128 000 BRZ ähnlich große "Disney Dream" soll mehr als 600 Millionen Euro gekostet haben.

Die Meyer Werft mit derzeit allein 2500 Beschäftigten in Papenburg ist zwar aktuell mit acht Neubauten noch bis Ende 2014/Anfang 2015 ausgelastet und steht damit deutlich besser da als die anderen Unternehmen in der deutschen Branche. "Doch wir stellen uns schon die Frage, inwieweit das von uns für Aida entwickelte Know-how nun bei der asiatischen Konkurrenz landet und wie stark die Sogwirkung des Auftrags für andere asiatische Werften sein wird", sagte Meyer-Sprecher Hackmann. Neben dem koreanischen Konzern STX sind offensichtlich auch dessen nationale Konkurrenten Samsung und Hyundai am Bau von Kreuzfahrern interessiert.

Bisher ist es in Asien aber noch nicht gelungen, einen ausreichenden Zuliefererkreis zu etablieren. Der STX-Konzern hat jedoch bereits zwei der vier großen Passagierschiffwerften übernommen und ist so in Frankreich und Finnland vertreten. Mitsubishi selbst hatte 2004 zwei Schiffe an die Carnival Corporation, eine der beiden weltweit größten Passagierschiffreedereien, abgeliefert. Die Amerikaner sind der Mutterkonzern von Aida Cruises.

"Es gab aber bei dem Auftrag keine Beeinflussung aus dem Konzern", versicherte gestern Aida-Sprecher Wohsmann. Man müsse bei solchen Aufträgen eben auch "kaufmännisch" handeln. Die Auftragsvergabe an die Japaner sei auch keine Entscheidung gegen Meyer. "Wir sind mit der Arbeit der Werft zufrieden." Bis zum Frühjahr 2013 werden die Niedersachsen nun noch zwei 71 000 BRZ große "Aida"-Schwesterschiffe für die Rostocker Reederei fertigstellen.

Zu den Details für die Neubauten wollte sich Aida Cruises gestern noch nicht genauer äußern. Die Schiffe sollten "neue Maßstäbe beim Thema Umweltfreundlichkeit setzen", sagte Aida-Chef Michael Thamm. Gegenüber den 71 000 BRZ großen "Aida"-Kreuzern mit 1097 Kabinen dürften die neuen Schiffe bei einer Größe von 125 000 BRZ und 1625 Kabinen noch etwas mehr Raum an Bord bieten.

Aida Cruises ist der Marktführer im deutschen Kreuzfahrtgeschäft. Insgesamt 511 400 Gäste gingen 2010 an Bord der acht Schiffe. Der Umsatz stieg um 160 Millionen Euro auf 882,7 Millionen Euro. Für die Reederei arbeiten 5600 Mitarbeiter aus 25 Ländern.