Shell steigert Ergebnis um 100 Prozent, Statoil verneunfacht Überschuss. Auch Exxon verdient 40 Prozent mehr. Benzinpreise bleiben dennoch hoch.

Hamburg. Hohe Preise für Erdöl und Erdgas haben auch im zweiten Quartal des Jahres die Gewinne großer Energiekonzerne massiv getrieben. Der niederländisch-britische Konzern Shell verdoppelte seinen Dreimonatsgewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 8,7 Milliarden Dollar (rund sechs Milliarden Euro). Der US-Konzern ExxonMobil steigerte sein Ergebnis um 41 Prozent auf rund 10,7 Milliarden Dollar. Norwegens staatlicher Energiekonzern Statoil verneunfachte seinen Überschuss auf 27,1 Milliarden Kronen (3,5 Milliarden Euro).

Zwar kämpfen manche Ölkonzerne derzeit auch mit Problemen, wie die Bilanzzahlen dieser Tage zeigen. Das sind entweder hausgemachte Schwierigkeiten wie beim britischen Konzern BP, der noch immer mit der Aufarbeitung der Ölpest im Golf von Mexiko vom vergangenen Jahr beschäftigt ist. Oder aber höhere Gewalt kommt ins Spiel wie etwa der Bürgerkrieg im Ölförderland Libyen, der die Geschäfte von Unternehmen wie der BASF-Tochter Wintershall zuletzt beeinträchtigte. Die generelle Linie allerdings ist klar: Wer viel fördert, verdient viel Geld.

Einige der international tätigen Energiekonzerne betreiben in Deutschland auch Tankstellen, darunter Shell, BP mit dem deutschen Marktführer Aral und Exxon unter der Marke Esso. Der Autofahrer aber profitiert von den Riesengewinnen der Unternehmen nicht. Die Preise für Diesel mit zuletzt rund 1,46 Euro je Liter und für Superbenzin mit 1,58 Euro verharren auf hohem Niveau. "Die Förderung von Öl- und Erdgas und die Verarbeitung und Vermarktung von Raffinerieprodukten wie Benzin und Diesel sind bei den Konzernen strikt getrennte Bereiche", sagt Karin Retzlaff vom Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Berlin. "Ein Teil des Unternehmens beschafft den Rohstoff und handelt ihn am Weltmarkt, der andere verarbeitet ihn."

Die Förderung von Erdöl unterliegt anderen Marktbedingungen als dessen Verarbeitung in den Raffinerien und der Absatz an den Tankstellen. Im sogenannten Upstream-Geschäft wachsen die Gewinne, denn der globale Energiebedarf steigt mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in Asien konstant. Rund 118 Dollar kostet derzeit ein Fass der Nordsee-Ölsorte Brent - mehr als fünfmal so viel wie vor zehn Jahren.

Raffinerien und Tankstellen, die Verarbeitung, zählen zum sogenannten Downstream-Geschäft. Dessen Gewinne entwickelten sich in den vergangenen Jahren schlecht. "Das Raffineriegeschäft in Deutschland ist keine Freude", sagt Retzlaff, "im Juni etwa fuhren die Anlagen Verluste ein. Weltweit gibt es Überkapazitäten bei den Raffinerien, und jede Anlage produziert auf der Grundlage des Weltmarktes."

Auch an den Tankstellen herrscht harter Konkurrenzkampf. "Das erste Quartal war teilweise ziemlich katastrophal, jetzt geht es wieder etwas besser", sagt Axel Graf Bülow vom Bundesverband freier Tankstellen (BfT). Ein Niveau zwischen einem und fünf Cent Marge je Liter Benzin und Diesel beobachten Marktexperten in den vergangenen Jahren. Darin verstecken sich der Gewinn und bestimmte Kostenanteile der Tankstellenbetreiber. Grund für den Preiskampf an der Zapfsäule ist ein tendenziell sinkender Kraftstoffbedarf vor allem beim Benzin und ein nach wie vor enges Tankstellennetz mit 14 000 Stationen. "Wenn zwei Tankstellen sich einen Preiskampf liefern, kann die Marge durchaus mal für einige Zeit die Nulllinie erreichen", sagt Bülow.

Theoretisch könnten die internationalen Energiekonzerne ihre Gewinne aus dem Rohölgeschäft einsetzen und Benzin billiger an den Markt bringen. Sie dürfen diese Marktmacht allerdings nicht ausspielen. So will es das Kartellrecht in Deutschland, und so begrüßen es auch die freien Tankstellenbetreiber: "Wenn die multinationalen Konzerne ihre eigenen Tankstellen mit billigem Benzin quasi subventionieren würden, wären die freien Tankstellen in Windeseile aus dem Markt gedrängt", sagt Graf Bülow vom BfT. "Wir haben in Deutschland noch immer einen relativ gut funktionierenden Markt. Das wäre dann endgültig vorbei." Im Frühjahr stellte das Bundeskartellamt fest, dass ein Oligopol aus wenigen großen Anbietern die Preise an den deutschen Zapfsäulen wesentlich mitbestimme - allein schon wegen der hohen Marktanteile von teils mehr als 20 Prozent, wie sie Shell und Aral halten. "Aus unserer Sicht müsste das Kartellamt auch in den Großhandelsbereich noch viel stärker hineinleuchten, um festzustellen, ob die Konzerne über Raffinerieverträge ihre Markentankstellen dort nicht doch heimlich stützen", sagt Bülow.

Zuletzt aber zeigte sich in der Branche ein anderer Trend: Der US-Energiekonzern ConocoPhilips trennte sein Fördergeschäft von der Verarbeitungssparte. Zu diesem Schritt drängen Börsenanalysten auch die britische BP. Die Konzentration auf die Förderung und Vermarktung von Öl und Gas könne den Kurs der Aktie beflügeln. Derzeit habe man andere Prioritäten, sagte BP-Chef Robert Dudley bei der Präsentation der Quartalszahlen. Aber: "Wir schließen so etwas grundsätzlich nicht aus."