Der Staatskonzern schließt einen Vertrag über 1,3 Milliarden Euro mit RWE ab. Greenpeace sieht die Strategie eher als halbherzig.

Frankfurt/Hamburg. Die Bahn stellt die Weichen für ihre Energieversorgung neu. Der Verkehrskonzern wird in den nächsten Jahren für insgesamt 1,3 Milliarden Euro Strom aus umweltfreundlicher Wasserkraft vom Energiekonzern RWE beziehen. Darauf haben sich die beiden Konzerne geeinigt und einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet. "Er ist ein Meilenstein in Sachen klimaneutraler und umweltfreundlicher Bahn", sagte gestern Bahnchef Rüdiger Grube. Die Bahn verbraucht mit jährlich 10,3 Milliarden Kilowattstunden bundesweit die größte Strommenge aller Unternehmen.

Durch die Einigung wird der Anteil der erneuerbaren Energien bei der Bahn von 20 auf künftig 28 Prozent ihres Strombedarfs steigen. Bis zum Jahr 2020 sollen bis zu 35 Prozent erreicht sein. Langfristig, bis 2050, soll sogar komplett auf regenerative Energien umgestellt werden. Grube ist sicher: Mit dem RWE-Deal "kommen wir unserer Vision ein ganzes Stück näher".

Vertraglich abgesichert ist nun, dass RWE die Bahn von 2014 bis 2028 mit jährlich rund 900 Millionen Kilowattstunden Strom aus Wasserkraft versorgen wird. Die Strommenge, die 14 Kraftwerke an Mosel, Saar, Rhein und Ruhr liefern, reicht aus, um rund ein Drittel der Fernverkehrszüge ein Jahr lang zu betreiben. RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann kündigte an, die Erlöse aus dem Geschäft in den Aufbau der erneuerbaren Energien zu stecken. "Der Trend, immer mehr Ökostrom einzusetzen, hält bei den deutschen Konzernen ungebremst an", sagte Wolfgang Scheunemann, Geschäftsführer bei der Stuttgarter Unternehmensberatung Dokeo, die sich auf Nachhaltigkeitsstrategien für Firmen spezialisiert hat. Als Hintergrund dafür verweist er darauf, dass sich Renten- oder Versicherungsfonds immer öfter für die Umweltstrategie von Firmen interessierten, in die sie investieren wollten. "Ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend, wird zu viel CO2 erzeugt oder Atomstrom eingesetzt, werden solche Investoren bei der Vergabe von Kapital eher vorsichtig sein", sagte Scheunemann. Er rechnet damit, dass inzwischen bei der Vergabe von zehn Prozent des weltweiten Kapitals am Aktienmarkt Ökokriterien eine Rolle spielen. Bereits 2009 setzten nach einer Umfrage von Dokeo die Deutsche Bank, die Deutsche Post und die Postbank AG nur noch Ökostrom ein.

Die Bahn braucht jetzt allerdings auch einen Ersatz für den wegfallenden Atomstrom. Allein durch die Stilllegung des Kernkraftwerkes Neckarwestheim 1 des Betreibers EnBW sinkt der Anteil aus diesem Bereich von 22 auf 14 Prozent. Der Block, an dem der Schienenkonzern mit weniger als einem Prozent beteiligt ist, erzeugte bisher als einziges deutsches Atomkraftwerk auch Strom für jede vierte Lokomotive. "Auf die Stilllegung waren wir vorbereitet", versicherte Bahnchef Grube jedoch.

Dagegen betrachtet er mit Sorge die Hängepartie um das umstrittene Kohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen. Ein Gericht hat den Bebauungsplan für den neuen Kraftwerkblock von E.on zunächst gestoppt. Zudem sollen die drei alten Blöcke Ende 2012 abgeschaltet werden. Derzeit deckt die Bahn 49 Prozent ihres Strombedarfs über Braun- und Steinkohle.

Die Reaktionen auf den Vorstoß der Bahn waren gestern unterschiedlich. Greenpeace sieht den Konzern noch immer "ein großes Stück entfernt" von einem umweltfreundlichen Energiemix. "Wenn die Bahn es mit dem Ausbau erneuerbarer Energien ernst meint, solle sie zum Beispiel in Windenergie investieren und nicht auf alte Wasserkraftwerke setzen", so Andree Böhling, Experte für erneuerbare Energien bei der Umweltorganisation.

Dagegen spricht der Fahrgastverband Pro Bahn von einem richtigen Schritt. Jetzt müsse die Politik den Vorstoß honorieren. "Um finanzielle Nachteile durch den Wechsel zu erneuerbaren Energien auszugleichen, muss auch für Verkehrsunternehmen ein Handel mit CO2-Zertifikaten eingeführt werden", sagte Pro-Bahn-Bundessprecher Matthias Oomen. Sonst hätten Firmen, die wie die Bahn auf Wasserkraft setzten, im Wettbewerb mit Lkw und Flugzeugen weniger Chancen. "Der Bahn dürfen aber keine Nachteile entstehen, wenn sie sich vorbildlich verhält."