Präsident Obama warnt vor einer Rezession und setzt Opposition unter Druck. Außenhandelsdefizit auf höchstem Stand seit zwei Jahren.

Washington. US-Präsident Barack Obama schlägt Alarm: Im Finanzdrama um das Schuldenlimit der USA warnt er vor einem Rückfall in die Rezession. Falls es nicht bald eine Einigung mit dem Kongress gebe, drohe die Zahlungsunfähigkeit der USA. Folgen wären ein Vertrauensverlust der Finanzmärkte, höhere Zinsen für die USA und damit Risiken für die ohnehin schwache Konjunktur, sagte der US-Präsident. Derart besorgt hatte sich Obama noch nie zuvor geäußert.

Die Angst des Präsidenten hat einen guten Grund: Das Außenhandelsdefizit der USA ist im Mai auf den höchsten Stand seit mehr als zweieinhalb Jahren gestiegen. Die Differenz zwischen Exporten und Importen betrug 50,2 Milliarden Dollar, teile das US-Handelsministerium am Dienstag mit. Analysten hatten lediglich mit 44 Milliarden Dollar gerechnet. Ein höheres Defizit gab es zuletzt im Oktober 2008. Die Hälfte des Fehlbetrags entfällt auf den Handel mit China: Während die US-Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Wert von 32,8 Milliarden Dollar aus der Volksrepublik importierten, machten ihre Exporte dorthin nur 7,8 Milliarden Dollar aus. Die gesamten Importe stiegen wegen der hohen Ölpreise um 2,6 Prozent auf 225,1 Milliarden Dollar. Noch mehr hatten die USA seit Beginn der Aufzeichnungen lediglich im Juli 2008 eingeführt. Der Ölpreis hatte im Mai mit 108,70 Dollar je Fass den höchsten Stand seit fast drei Jahren erreicht. Die Exporte fielen um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 174,9 Milliarden Dollar – Im April war mit 175,82 Milliarden Dollar ein Rekordwert erreicht worden.

Die Situation ist drastisch. Nach zwei "Schuldengipfeln", die keinen Durchbruch gebracht hatten, werde es nun jeden Tag ein Treffen mit führenden Kongressmitgliedern im Weißen Haus geben, kündigte Obama an. "Wir werden uns jeden Tag treffen, bis die Angelegenheit gelöst ist." Allerdings scheint ein schneller Durchbruch nicht in Sicht: "Wir haben noch eine Menge Arbeit zu tun."

Eindringlich rief Obama die Republikaner auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Sie müssten ihren Widerstand gegen langfristige Steuererhöhungen aufgeben. Das Regierungslager sei zu drastischen Spareinschnitten bereit, jeder müsse Kompromisse machen. Es gehe nicht um Steuererhöhungen zum jetzigen Zeitpunkt, sondern erst ab 2013, sagte Obama. Die Republikaner dagegen wenden ein, Entscheidungen über höhere Steuern seien Gift für die Konjunktur.

Nach Angaben des Finanzministeriums muss die Schuldenobergrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar (zehn Billionen Euro) bis spätestens zum 2. August angehoben werden. Experten gehen aber davon aus, dass eine Einigung bereits bis zum 22. Juli unter Dach und Fach sein muss, damit noch genug Zeit bleibt, die Vereinbarung bis zum 2. August in ein Gesetz zu gießen.

Auch die neue Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, äußerte sich besorgt. Sollten die USA tatsächlich zahlungsunfähig sein, "wäre dies ein echter Schock", sagte sie dem TV-Sender ABC. Man müsse mit "wirklich hässlichen Konsequenzen" rechnen, nicht nur für die USA, sondern für die gesamte Weltwirtschaft. In den vergangenen Wochen hatten bereits drei internationale Rating-Agenturen mit Konsequenzen wie Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA gedroht.

Obama rief zu einer weitreichenden Lösung auf. "Ich werde keinen Deal unterzeichnen, der lediglich für 30 oder 60 Tage reicht", sagte er an die Adresse der Republikaner. Es müsse eine "große Lösung" geben. Wenn jetzt nichts geschehe, werde das Thema in den Wahlkampf gezogen. Nach einem ersten "Schuldengipfel" in der vergangenen Woche hatte sich Obama zunächst optimistisch geäußert. Doch dann machten die Republikaner geltend, dass sie die Forderung des Obama-Lagers nach Steuererhöhungen für Reiche nicht mittragen wollten. Sie favorisieren nun eine "kleine Lösung" mit einen Defizitabbau um lediglich zwei Billionen Dollar innerhalb eines Jahrzehnts - ohne höhere Steuern.

(abendblatt.de/dpa/Reuters)