Bei der Geldanlage raten Experten in einer Abendblatt-Umfrage auch zu Gold und Aktien. Die Inflationsrate liegt aktuell bei 2,3 Prozent.

Hamburg. Nach der Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) hoffen die Hamburger Sparer auf höhere Zinsen für ihr Geld. Denn die noch nicht gedämpfte Angst vor steigenden Inflationsraten und die Staatsschuldenkrise in Europa sorgen für viel Unsicherheit bei der Geldanlage in anderen, risikoreicheren Anlageformen wie Aktien oder Anleihen. "Wir sehen, dass unsere Kunden sehr viel Geld auf Tagesgeldkonten angesammelt haben, weil sie sich scheuen, andere Entscheidungen zu treffen", sagt Jutta von Bargen, Leiterin des Vermögensmanagements der Hamburger Volksbank. "Doch nur mit solchen Anlagen ist es schwierig, die Kaufkraft des Geldes zu erhalten." Die Inflationsrate liegt in Deutschland aktuell bei 2,3 Prozent, die Sparzinsen der meisten Banken deutlich darunter. Das Abendblatt hat zusammen mit sieben Experten die Chancen und Risiken von wichtigen Anlageklassen analysiert.

Tages- und Festgeld

Bereits vor der jüngsten Zinserhöhung durch die EZB haben die Banken, die sich auf Tages- und Festgeld spezialisiert haben, ihre Konditionen angehoben. Mit einem Tagesgeldkonto zumindest einen Inflationsausgleich zu erzielen ist bei diesen Instituten kein Problem. Knapp ein Dutzend Banken bietet mindestens 2,3 Prozent Zinsen, CortalConsors sogar 2,6 Prozent für Neukunden. Die laut dem Internetverbraucherportal Biallo fünf besten Angebote sehen Sie in der Grafik. "Ich rechne in den nächsten Wochen mit weiteren Zinserhöhungen", sagt Horst Biallo. "Da sich die Refinanzierung der Banken durch die Leitzinserhöhung verteuert, versuchen die Institute stärker als bisher Geld bei den Kunden einzusammeln." Die Commerzbank bietet inzwischen 2,3 Prozent für Tagesgeld, wenn es von neuen Kunden kommt.

Zusätzlich angeheizt wird der Wettbewerb durch neue Anbieter, die mit attraktiven Konditionen auf sich aufmerksam machen wollen. Seit Anfang Juli ist Moneyou, die Direktbanktochter der niederländischen Großbank ABN, am deutschen Markt aktiv. Für Tagesgeld bietet Moneyou 2,5 Prozent Zinsen, für ein halbjähriges Festgeld (die Mindestanlage dabei sind 500 Euro) 2,7 Prozent. "Für diesen Anlagezeitraum ist das der höchste Zins", sagt Biallo. Das Institut gehört der niederländischen Einlagensicherung an und garantiert 100 000 Euro pro Kunde.

Wer sein Geld ein Jahr entbehren kann, erhält bei der Bank of Scotland bis zu drei Prozent. Für zwei Jahre gibt es nur 0,35 Prozentpunkte mehr, sodass es sich nicht lohnt, sich dafür der Flexibilität einer Neuanlage nach einem Jahr zu berauben. Erst ab drei Jahren sind die Konditionen mit vier Prozent (Santander Bank) wieder attraktiver. "Länger als drei Jahre würde ich das Geld jetzt nicht anlegen", rät Thomas Mai von der Verbraucherzentrale Bremen.

Tages- und Festgeld sind nach seiner Einschätzung in unsicheren Zeiten eine gute Anlagemöglichkeit. Knapp 40 Prozent ihres Geldes haben die Deutschen in solchen Anlagen gebunkert (siehe Grafik). "Wer einlagengesichert anlegen will, keine Kosten möchte und Kursverluste vermeiden will, hat gar keine Alternative dazu." Aber Verbraucher sollten darauf achten, "dass der Zins wenigstens der Höhe der Inflationsrate von 2,3 Prozent entspricht".

Aktien

"Wir empfehlen immer eine Kombination aus verschiedenen Anlageklassen, da gehören Aktien einfach dazu", sagt von Bargen. Auch die Deutsche Bank trommelt für die Anlage in Dividendentitel. "Vor allem die asiatischen Schwellenländer bieten auf längere Sicht gute Perspektiven", sagt Ulrich Stephan von der Deutschen Bank. "In Europa bleibt Deutschland dank des nachhaltigen Aufschwungs attraktiv."

Das sieht auch Jochen Intelmann von der Hamburger Sparkasse so. "Wir rechnen damit, dass der Deutsche Aktienindex (DAX) im dritten Quartal bis auf 8000 Punkte steigt." Einzeltitel wie Metro oder Bayer böten noch höhere Chancen als der Gesamtmarkt. Denn bis zu 8000 Punkten sind es vom aktuellen Niveau lediglich noch acht Prozent. "Danach rechnen wir mit einer Korrektur, wenn auch keinem Einbruch, weil die Gewinne der Unternehmen weniger stark wachsen", sagt Intelmann. Angesichts der Risiken durch die Schuldenkrise in Europa bleibt der Aktienmarkt zumindest für einen Neueinstieg wenig aussichtsreich.

Der Hamburger Vermögensverwalter Herwig Weise von Mack & Weise rät gar schon jetzt zu einem Verkauf deutscher Aktien. "Die jetzt noch hohen Erwartungen werden enttäuscht werden", sagt er. "Deutsche Aktien sind sehr vom Export abhängig, und der rasante Aufschwung in Asien und Brasilien wird nicht von Dauer sein, weil er mit gigantischem Kreditboom ausgelöst wurde."

Anleihen

Deutsche Staatsanleihen bringen nur geringe Zinsen. So bringt eine zehnjährige Bundesanleihe nur knapp drei Prozent Rendite. Außerdem droht bei steigenden Zinsen die Gefahr von Kursverlusten. Bei einer Restlaufzeit von drei Jahren ist die Rendite nur noch gut halb so hoch. "Nur mit einer Mischung aus Staats-, Firmen- und Wandelanleihen lässt sich noch eine angemessene Rendite erzielen", sagt Intelmann. Ohne Beratung haben es Anleger schwer, sich im Anleihedschungel zurechtzufinden. Als Alternative bleiben nur festverzinsliche Bankanlagen.

Edelmetalle

Zu Gold raten inzwischen nicht nur Außenseiter. "Ein Anteil von fünf bis zehn Prozent im Depot ist empfehlenswert", sagt Intelmann. Experte Weise hat wegen der weltweiten Überschuldung seinen Anlegern gar bis zu 30 Prozent Gold und Silber ins Depot gepackt. Die Haspa rechnet damit, dass der Preis für eine Feinunze (31,1 Gramm) Gold in diesem Jahr noch von 1543 Dollar auf 1800 Dollar steigt. "Wer noch nicht investiert ist, kann in Gold noch einsteigen", sagt Thorsten Proettel von der Landesbank Baden-Württemberg.

Von August an rechnet er wieder mit steigenden Kursen. "Dann decken sich die Schmuckhersteller, die für zwei Drittel der Nachfrage sorgen, wieder mit Gold ein, weil die Hochzeitssaison in Indien naht." Daneben gewinnt das Edelmetall als eine Versicherung gegen Schuldenschnitte und eine mögliche Währungsreform in Südeuropa an Bedeutung. "Die Politik hat die Probleme in Griechenland nur auf die lange Bank geschoben", sagt Proettel.

Weniger optimistisch ist er dagegen für Silber, das zu mehr als 50 Prozent in der Industrie Verwendung findet und damit sehr konjunkturabhängig ist. Große Sprünge traut er dem Silberpreis in diesem Jahr jedenfalls nicht mehr zu.