Geschäftsreisende und Touristen sorgen in der Hansestadt für einen Bauboom. Herbergen in Randlagen könnten Probleme bekommen.

Hamburg. Thomas Cromm freut sich, dass er auf der Veddel ein geeignetes Grundstück gefunden hat. "Hamburg ist einer der attraktivsten Standorte für Hotelinvestoren in Deutschland", sagt der Manager, der bei der Düsseldorfer Firma Westfälische Grundbesitz und Finanzverwaltung (WGF) für die Entwicklung von Hotelimmobilien zuständig ist. In zwei Jahren will Cromm das Zwei-Sterne-Haus Acomhotel am Högerdamm eröffnen. "Nach Berlin und München befindet sich die Stadt mit fast neun Millionen Übernachtungen im vergangenen Jahr auf Position drei im Städteranking", so Cromm zum Abendblatt.

Der Manager ist nicht der Einzige, der passende Grundstücke für Hotels in der Hansestadt sucht. Obwohl in den vergangenen zehn Jahren nahezu 50 neue Herbergen in Hamburg gebaut wurden, stehen die Investoren weiter Schlange. Nach einer Aufstellung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) gibt es in diesem Jahr drei Neueröffnungen, 2012 werden es nach den bisherigen Planungen acht und 2013 nochmals drei sein.

Weitere 15 Häuser sind zudem bereits fest für die Zeit danach geplant (siehe Tabelle). Nach der gerade erfolgten Eröffnung des Hotels 25hours am Überseequartier vom Hamburger Hotelier Kai Hollmann, dem auch das Gastwerk und das George gehören, soll in diesem Jahr noch ein Dorint in Eppendorf entstehen und Hollmanns Hotel Superbude im Schanzenviertel.

"Seit den Jahren 2004/05 ist in der Hansestadt die Nachfrage nach Hotelbetten stärker gestiegen als das Angebot", erklärt Alexander Trobitz, Leiter der Hotelsparte beim Immobilienmakler Dr. Lübke, den Run der Investoren auf die Stadt. Hamburg profitiere davon, dass unter der Woche viele Geschäftsreisende kämen und am Wochenende immer mehr Privatpersonen. Vor allem die HafenCity und das vielfältige kulturelle Angebot der Stadt würden Touristen anlocken. "In Hamburg wird derzeit mit knapp mehr als 100 Euro der bundesweit höchste Erlös pro verfügbarem Zimmer erzielt. Auch wir haben viele Anfragen von Hotelbetrieben, die gern in die Hansestadt kommen würden", sagt Trobitz.

Marlies Head, die seit 1993 das Madison nahe dem Baumwall betreibt, erzielt sogar einen Durchschnittspreis von 120 Euro pro vermietbarem Zimmer. "Damit konnten wir die Erlöse im Vergleich zum Vorjahr leicht steigern. Wir profitieren natürlich auch von unserer Nähe zur HafenCity", sagt die Unternehmerin. Und davon, dass sie ständig in ihr Haus investiert. Derzeit werden Teppiche ausgetauscht und Zimmer mit Flachbildschirmen versorgt.

Doch die Einnahmen der Hoteliers waren in der Hansestadt in früheren Zeiten schon höher. Zwar erwartet Stephan Gerhard, Inhaber der Hotelberatungsgesellschaft Treugast, weiteres Potenzial für die Stadt. Neue Häuser würden auch neue Gäste anziehen. "Allerdings sind allein in den vergangenen drei Jahren 4000 Zimmer auf dem Markt hinzugekommen. Das wird Auswirkungen auf die Branche haben", sagt er. Bisher konnten in der Stadt auch mittelmäßige Hotels gute Geschäfte machen. "Das wird mit den zahlreichen Neubauten und ihren relativ niedrigen Eröffnungspreisen immer schwieriger. Vor allem schlecht geführte Häuser, solche in Randlagen oder Hotels mit einem Investitionsstau werden das spüren", sagt der Experte. "Es wird zwar nicht dramatisch werden, aber der Wettbewerb wird intensiver."

Die Investoren kümmert dies offenbar wenig. Nachdem sich 2010 laut der WGF das Transaktionsvolumen auf den deutschen Hotelmarkt auf knapp 800 Millionen Euro verdoppelt hat, setzt die Branche weiter auf Deutschland. Vor allem ausländische Anleger (2010 rund 63 Prozent der Investments) sehen das Land, das die Finanzkrise der Vergangenheit längst wieder überwunden hat, als sicheren Hafen für ihr Geld. Und Hamburg profitiert davon. Zwar sorgen sich die 302 Betriebe mit zusammen 44 871 Betten wegen der zahlreichen Billighotels wie etwa Superbude oder Etap, B&B, Motel One und meinhotel um ihr Geschäft, aber laut Gerhard ist noch genug Potenzial für günstige, neue und gut geführte Zwei-Sterne-Häuser in der Stadt vorhanden. "Nur 15 Prozent der Anbieter in Hamburg vertreten derzeit das Low-Budget-Segment. Dieser Wert befindet sich im Rahmen des Erträglichen."

Die Hansestadt hat bereits einen großen Schritt in puncto Strukturwandel der Branche gemacht. Laut Dehoga gab es in den 1960er-Jahren noch 500 Hotels in der Stadt. Sie boten allerdings zusammen nur rund 13 700 Zimmer an. Ausländische Hotelketten und Investoren aus anderen Regionen Deutschlands hatten damals kaum Interesse am mittlerweile hart umkämpften Hamburger Hotelmarkt. Heute stufen Projektentwickler wie Cromm selbst Lagen wie die Veddel als lohnend ein.