Das Honkonger Unternehmen Lenovo will den Aldi-Lieferanten Medion übernehmen. Für die 1000 Mitarbeiter soll eine Jobgarantie gelten.

Hamburg. Sie haben prall gefüllte Kassen und hoffen auf neue Märkte und Technologien. Deshalb drängen chinesische Unternehmen vermehrt auch nach Deutschland. Jetzt steht der Hongkonger Konzern Lenovo vor der Übernahme des namhaften Technikspezialisten Medion. Zum Preis von 629 Millionen Euro will der PC-Hersteller den deutschen Aldi-Lieferanten schlucken. Ein großer Schritt ist schon getan. Der Mehrheitseigner und Vorstandschef von Medion, Gerd Brachmann, hat das Angebot zu großen Teilen bereits angenommen und wird knapp 17,75 Millionen Aktien (35 seiner 55 Prozent) an die Chinesen abgeben. Dafür erhält er 230,7 Millionen Euro, von denen 80 Prozent bar ausgezahlt werden und 20 Prozent in Lenovo-Aktien.

"Ich bin stolz, ein wichtiger privater Teilhaber der am schnellsten wachsenden PC-Firma der Welt zu sein", sagte Brachmann. Nun sollen Gespräche mit der Firmengruppe Pictet Overseas folgen, die 15 Prozent an Medion hält. Der Rest befindet sich in Streubesitz. Medion bietet 13 Euro pro Aktie, die laut Analysten einen realen Wert von 10,50 Euro hat. Die Firmenzentrale will Lenovo in Essen belassen, auch für die 1000 Mitarbeiter des Unternehmens soll eine Jobgarantie gelten.

Schon oft waren chinesische Investoren in den vergangenen Jahren bei Unternehmensverkäufen im Gespräch. Sie waren an Opel interessiert und offenbar auch an der Dresdner Bank. Wirklich ins Netz gegangen sind den Firmenkäufern aus Fernost bisher aber nur kleinere Fische. So sind etwa der Flughafen Parchim, von dem aus nun Frachtflüge nach China organisiert werden, die Autozulieferer Saargummi und Preh sowie der Fördertechnik- und Nähmaschinenhersteller Dürkopp Adler inzwischen in chinesischer Hand.

Weitere Übernahmen werden nach dem Kauf von Medion folgen, glaubt Karl-Werner Hansmann, Professor für Betriebswirtschaftslehre in Hamburg. Denn Chinas Firmen stehen unter Druck. Zu lange haben sie ihre Geschäfte vorwiegend auf dem Heimatmarkt mit 1,3 Milliarden Einwohnern gemacht und unzählige ausländische Konzerne wie etwa VW oder das Hamburger Unternehmen Beiersdorf ins Land gelassen. Größere finanzielle Engagements in westlichen Ländern gab es fast nur in den USA, wo Lenovo 2005 für 1,75 Milliarden Dollar die PC-Sparte von IBM gekauft hat. Damals war dies die größte Übernahme durch Chinesen in den Vereinigten Staaten. Milliarden investiert wurden auch in Staatsanleihen von Griechenland und Portugal sowie in Länder, in denen sich China Rohstoffvorkommen wie zum Beispiel Öl für die Zukunft sicherte.

Chinesen seien bessere Investoren als schlechte Hedgefonds, meint Hansmann. "Wenn Firmen aus China ein Unternehmen kaufen, wollen sie es nicht zerschlagen, sondern zum Erfolg führen. Sie haben ein langfristiges Interesse mit einer strategischen Zielsetzung, und sie werden uns nicht überrollen." Skeptischer beurteilt der Experte aber Übernahmewünsche in Hamburg, wo sich die Staatsreederei Cosco am neuen Hafenterminal auf Steinwerder beteiligen will. "Substanzielle Bereiche wie die Infrastruktur mit dem Hafen sollten unbedingt der Kontrolle der Stadt Hamburg unterliegen oder zumindest in deutschem Einflussbereich sein", so Hansmann. Die chinesische Entwicklungsbank hat zudem Interesse an einem Einstieg bei der HSH Nordbank angemeldet. Die Bank will die HSH im Geschäft der Schiffsfinanzierungen unterstützen. Konkrete Vereinbarungen gibt es aber noch nicht.

Mit Medion hat Lenovo ein flexibles Unternehmen im Visier. Der Hersteller produziert seine Geräte mit dem silbernen Schriftzug erst, wenn die Handelspartner - allen voran Aldi - bestellt haben, und passt auch die Stückzahl den konkreten Wünschen der Großkunden an. Das spart Lagerkosten. Zudem entwickelt und testet Medion günstige Produktideen speziell für Aktionsware der Handelspartner und berät seine Kunden bei der Auswahl der Produktionsstätten.

Medion hat im vergangenen Jahr 1,7 Milliarden Euro umgesetzt, ist damit aber weit entfernt von seinen besten Zeiten. 2003 hatte der Erlös noch knapp drei Milliarden Euro betragen, der Gewinn vor Zinsen und Steuern lag bei 179,9 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich Medion selbst auf die Suche nach einem Käufer gemacht hat, wie Medion-Finanzchef Christian Eigen der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Der weltweit viertgrößte Computerhersteller ermögliche den Zugriff auf ein globales Einkaufsnetzwerk. Damit könnte Medion die Kosten drücken und im härter werdenden Wettbewerb bestehen. Die Chinesen sind willkommene Helfer.