Bilanzvorlage

Bundesbank-Chef Weber geht nach Chicago

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Von Harald Schmidt

Der scheidende Präsident der Bundesbank lehrt ab Juni an der University of Chicago. Auch als Ackermann-Nachfolger wird Weber gehandelt.

Frankfurt/Main. Axel Weber hat das Kriegsbeil begraben. Bei seinem vielleicht letzten großen öffentlichen Auftritt als Präsident der Bundesbank weist er jeden Verdacht zurück, er verlasse den Rat der Europäischen Zentralbank im Streit. „Ich bereue keinen Tag, an dem ich Geldpolitik in Europa mitgestalten durfte“, sagt der Akademiker aus der Pfalz, der ausgerechnet an diesem Dienstag seinen 54. Geburtstag feierte – und im Juni für ein Jahr an die University of Chicago wechseln wird.

Dass er danach auf Josef Ackermann an der Spitze der Deutschen Bank folgen könnte, kommentiert Weber derzeit nicht. „In Chicago lese ich nur US-Zeitungen und Sie können so viel spekulieren, wie Sie wollen“, wehrt Weber die Fragen der Journalisten ab. Es ist erst ein paar Wochen her, dass Weber als heißester Kandidat für das Amt als Europas oberster Währungshüter gehandelt worden war. Denn als Geldpolitiker genießt er einen exzellenten Ruf. Doch Weber lässt sich nicht verbiegen – auch wenn ihn das einen ruhmvollen Posten kostet: „Wenn ich von Inhalten nicht überzeugt bin, dann sage ich das auch.“

Nach dieser Überzeugung lebe er. Keine Frage: Diplomatie ist seine Sache nicht, und das wurde dem Pfälzer auf dem Weg an die EZB-Spitze schließlich zum Verhängnis. Lauthals wetterte ergegen die EZB-Entscheidung, Staatsanleihen zur Rettung hoch verschuldeter Länder aufzukaufen. „Polterbanker“ („FAZ“) Weber hatte den Schritt als Tabubruch empfunden und seinen Ratskollegen vorgeworfen, die Unabhängigkeit der EZB von der Politik zu opfern.

Der Spezialist für Geldtheorie forderte „eine klare Trennungslinie der Zuständigkeiten zwischen Geldpolitik und Finanzpolitik“ und warnte vor „stabilitätspolitischen Risiken“. Das nahmen ihm die Kollegen vor allem aus den klammen Euroländern übel. Denn in Deutschland mag Webers auf stabile Preise ausgerichtete Politik sehr gut ankommen, andernorts ist die Angst vor der Inflation weniger tief verwurzelt. Die „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ schrieb damals, Weber sei in Spanien, Griechenland oder Portugal „zum Inbegriff der kaltherzigen Deutschen geworden, die nur an ihren wirtschaftlichen Vorteil denken“.

Weber nahm das ernst und reagierte. Im Februar kündigte er überraschend seinen Rückzug an. Damit warf er auch im Rennen um die Nachfolge von Jean-Claude Trichet das Handtuch. Doch von Groll will der Volkswirtschaftsprofessor aus Kusel an seinem Geburtstag nichts wissen. Stattdessen betont er, die Zeit im EZB-Rat sei äußerst spannend gewesen, und hebt seine Erfolge als Bundesbank-Präsident hervor: „Ich glaube, dass es mir gelungen ist, in diesen sieben Jahren nicht nur das Profil der Bundesbank richtungsweisend zu schärfen und Strukturreformen auf den Weg zu bringen. Ich glaube, es ist auch gelungen, das sehr verträglich in gutem Einvernehmen mit den Mitarbeitern voranzubringen.“ Dabei wirft er den Medien vor, seine Rückkehr in den Hörsaal unisono als Abstieg fehlzuinterpretieren. Wer quereinsteige, müsse auch queraussteigen dürfen. Ohnehin sei er nicht Professor geworden, weil ihm der Arbeitsmarkt ansonsten versperrt gewesen wäre – sondern weil er die Arbeit mit jungen Menschen liebe.

Auch deshalb geht Weber nun für ein Jahr „an eine Top-Adresse“ auf dem Gebiet der Geldmarktforschung in den USA. Der Vertrag sei zwar noch nicht unterschrieben: „Aber ich freue mich enorm, wenn das klappt.“ Weber will dort das Doktoranden- und Masterprogramm betreuen. Auch danach sieht sich Weber in der Wissenschaft. „Ich will mich intellektuell mit Finanzmarktthemen beschäftigen.“ Er werde an die Universität Köln zurückkehren, die ihn für den Posten als Chef der Bundesbank für acht Jahre beurlaubt hatte. Zu einem möglichen Wechsel zur Deutschen Bank wollte sich Weber nicht äußern. Er ließ aber alle Optionen offen: „Ich kann noch 15 Jahre spannende Sachen machen.“

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