Hamburg. Mit dem Ausstieg von Bundesbank-Präsident Axel Weber aus dem Rennen um die Nachfolge des Franzosen Jean-Claude Trichet an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) richtet sich das Interesse nun auf die verbliebenen Kandidaten. Sechs Namen fallen derzeit immer wieder, wobei jedoch auch Überraschungen nicht ausgeschlossen werden.

Neben Weber galt Mario Draghi, 63, Gouverneur der italienischen Notenbank, lange Zeit als Favorit. Er erfüllt bereits eine wichtige Aufgabe für die EZB: Als Vorsitzender des Finanzstabilitätsrates koordiniert er die nach der globalen Krise notwendige Neuregulierung der Banken und Finanzmärkte. Allerdings dürften seine Chancen zuletzt gesunken sein: Nachdem der Portugiese Vitor Constancio Vizepräsident der EZB geworden ist, müsste getreu dem für die Besetzung wichtiger Positionen innerhalb der Notenbank üblichen Proporz ein Kandidat aus den nördlichen Staaten der Euro-Zone in das Präsidentenamt berufen werden.

Aus Deutschland kommen gleich zwei potenzielle Bewerber: Der aus Lübeck stammende frühere EU-Spitzenbeamte Klaus Regling, 60, leitet den Krisenfonds für angeschlagene Eurostaaten (EFSF) in Luxemburg. Gegen ihn spricht, dass er kein ausgewiesener Zentralbanker ist. Im Gegensatz dazu kennt EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark, 62, die Behörde sehr gut. Stark war zuvor Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und von 1998 bis 2006 Vizepräsident der Bundesbank.

Der Luxemburger Zentralbankchef Yves Mersch, 61, der bereits an den Verhandlungen über den Maastricht-Vertrag mitwirkte, steht wie Axel Weber für eine strikt stabilitätsorientierte Geldpolitik. Aber das kleine Luxemburg stellt mit Ministerpräsident Jean-Claude Juncker als Chef der Euro-Gruppe bereits einen wichtigen Führungsposten in Europa.

Erkki Liikanen, 60, Notenbankchef Finnlands, steht in der Geldpolitik für einen moderaten Kurs und könnte damit ein guter Kompromisskandidat sein. Außenseiterchancen werden auch seinem niederländischen Kollegen Nout Wellink, 67, eingeräumt.