Viele Veranstalter zeigen sich trotz politischer Unruhen optimistisch. Urlaubs-Buchungen für Ägypten und Tunesien ziehen wieder an.

Hamburg. Die deutsche Tourismusbranche rechnet für 2011 trotz der Unruhen in den Urlaubsländern Tunesien und Ägypten mit einem Rekordjahr. Die Branche, die sich dank der anziehenden Konjunktur von der Wirtschaftskrise erholt, könnte im laufenden Jahr beim Umsatz das Vorkrisenniveau von 2008 erreichen, sagte der neue Präsident des Dachverbands DRV, Jürgen Büchy. Angesichts der Zuwächse von 2,5 Prozent im vergangenen Jahr dürfte das keine große Aufgabe sein: 2010 lagen die Umsätze bereits bei 21,3 Milliarden Euro - 2008 mit 21,4 Milliarden nur wenig darüber.

Auch der vorübergehende Reisestopp in den nordafrikanischen Urlaubsländern täte der Reiselust der Deutschen keinen Abbruch, sagte Büchy. Nun - da Ferien in beiden Ländern wieder möglich seien - erholten sich die Buchungen schnell. "Ägypten und Tunesien werden schnell ihren Platz auf der touristischen Landkarte zurückerobern", sagte der DRV-Präsident. Der friedliche Umbruch habe bei den Deutschen sehr viel Sympathien ausgelöst.

Für die zuletzt ohnehin krisengeschüttelten Reiseveranstalter sind das gute Nachrichten. Unternehmen wie TUI oder Thomas Cook hatten die Urlauber während der Krise mit günstigeren Preisen bei Laune gehalten und sich auf deutlich kurzfristigere Buchungen einstellen müssen. Aber auch hier ist laut DRV Besserung in Sicht. "Die Menschen buchen früher. Es ist definitiv kein Last-Minute-Jahr", sagte Büchy. Für manche Monate seien die Buchungen im Vergleich zum Vorjahr sogar zweistellig gewachsen. Eine konkrete Prognose für 2011 will der Verband aber nicht abgeben.

Branchenprimus TUI registriert angesichts von politischen Unruhen und Naturkatastrophen ein generell verändertes Buchungsverhalten. "Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis der Menschen führt zu einer Renaissance der Pauschalreise", sagte TUI-Deutschlandchef Volker Böttcher dem Abendblatt. "Viele Reisende, die vor allem im letzten Jahr während der Aschewolke in Eigenregie unterwegs waren, mussten erleben, was es bedeutet, in Ausnahmesituationen auf sich alleine gestellt zu sein", so Böttcher. "Es ist nicht schön zurückzubleiben, während die Gäste von großen Reiseveranstaltern schon wieder in die Heimat gebracht werden. Daraus haben viele gelernt."

Besonders im Trend liegen nach Einschätzung des TUI-Chefs die klassischen Urlaubsziele. "Während die Türkei weiterhin boomt, feiert Spanien nach Rückgängen im letzten Jahr ein glänzendes Comeback", sagte Böttcher. Getrieben werde dieses Wachstum vor allem durch Familien, die sich während der Wirtschaftskrise zurückgehalten hätten und nun wieder in Scharen verreisten. In Deutschland stehe vor allem Mecklenburg-Vorpommern hoch im Kurs. Immer stärker nachgefragt würden zudem innovative Hotelkonzepte, die auf bestimmte Zielgruppen und Lebensstile zugeschnitten seien.

Auch beim Konkurrenten Thomas Cook geht man von steigenden Buchungszahlen in diesem Jahr aus. "Die generellen Rahmendaten der deutschen Wirtschaft sind positiv, wovon natürlich auch die Tourismusbranche profitiert", sagt Unternehmenssprecher Mathias Brandes. Die Nachfrage sei grundsätzlich vorhanden und breche auch nicht durch aktuelle Krisen wie in Ägypten und Tunesien weg. "Die Kunden buchen dann um, nach Spanien oder Griechenland, aber sie reisen trotzdem."

Die größten Zuwächse konnte die Tourismusbranche im vergangenen Jahr bei Kreuzfahrten verbuchen. Sie legten um fast acht Prozent zu, können nach Einschätzung des Dachverbands den klassischen zweiwöchigen Badeurlaub aber bei Weitem nicht ersetzen. Zum Vergleich: Von den rund 40,5 Millionen Gästen der Reiseveranstalter verbringen 1,5 Millionen ihren Urlaub auf dem Wasser.

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Ernst Burgbacher (FDP), sieht das Reiseziel Deutschland im Trend. "Nach ,made in Germany' wird auch 'Tourismus in Germany' immer mehr zu einem weltweit bekannten Markenzeichen", sagte er dem Abendblatt. Zum ersten Mal sei 2010 die 60-Millionen-Grenze bei den Übernachtungen ausländischer Gäste überschritten worden. Langfristig werde der Städte- und Kulturtourismus, auch der Gesundheitstourismus immer wichtiger.