Nach den Revolutions-Unruhen im Januar ist das Land wieder zur Ruhe gekommen. Auf Reisen abseits der Badeorte erleben Urlauber das neue Tunesien.

Hammamet. Die Jasmin-Revolution im Januar hat den Tourismus in Tunesien hart getroffen, lange blieben Hotels und Strände leer. Aber der Regimewechsel birgt auch eine Chance: Dass Tunesien-Reisende künftig mehr von Land und Kultur sehen wollen als bisher. „Es ist ein Interesse da, das neue Tunesien zu entdecken“, erklärt Andrea Philippi vom tunesischen Tourismusamt in Frankfurt. Und das funktioniert besonders gut über den Gaumen.

Wer sich vom Hotelbuffet wegtraut, kann abseits der Touristenpfade eine spannende, orientalisch-mediterrane Küche kennenlernen. Zwei, drei Autostunden von Hammamet entfernt, etwa in Boumerdès, ist der Urlauber in einer anderen Welt.

Frauen in bunten Gewändern bieten hier bei einem Dorffest Kostproben ihres Könnens an. Rafik Tlatli, Tunesiens berühmtester Koch läuft von Stand zu Stand. Mit Kennermiene probiert er von Ragouts, Couscous-Bergen und Makkaroni-Aufläufen. Die geografische Nähe zu Italien brachte die Pasta schon vor Jahrhunderten hierher.

Die meisten Gerichte sind orange-rot eingefärbt. „Wir verwenden in Tunesien viel Tomate und Paprika. Wenn das Gericht im Teller nicht rot ist, isst es der Tunesier nicht“, erklärt Rafik Tlatli. Diese Tatsache unterscheide Tunesien von seinen Nachbarländern. In der tunesischen Küche geht es auch deutlich schärfer zu als in anderen Ländern Nordafrikas. Dafür sorgt die berüchtigte Chilipaste Harissa, die so gut wie allen Gerichten eine feurige Note gibt.

Rafik Tlatli weiß, wie empfindlich der deutsche Gaumen ist. Ein Stipendium brachte ihn als Jugendlichen nach Dortmund, wo er Hotelmanagement studierte. „Seit ich wieder zu Hause bin, setze ich mich dafür ein, dass das Wissen über die traditionelle tunesische Küche nicht verloren geht“, sagt er in perfektem Deutsch.

Ausgerüstet mit Küchenwaage, Videokamera und Notizblock entlockt Tlatli Hausfrauen ihre Küchengeheimnisse. In seinem Restaurant „Slovenia“ im Küstenort Nabeul kreiert er daraus Crossover-Gerichte wie Cassoulet, eine Mischung aus Couscous und spanischer Paella mit Meeresfrüchten.

„Wir müssen weg vom Massentourismus, wenn wir den Touristen unsere Küche nahebringen wollen“, sagt Viktoria Hassouna. Zusammen mit ihrem tunesischen Ehemann leitet die 45-jährige Deutsche die Bio-Olivenbaum-Plantage „Ksar Ezzit“ im Landesinneren, knapp zwei Autostunden von Hammamet entfernt.

Abgesehen von Pfannkuchen für ihre Kinder hat Viktoria Hassouna der deutschen Küche abgeschworen und sich ganz der einheimischen Kost verschrieben. Wer bei ihr im Restaurant ein tunesisches Menü durchexerziert hat, versteht warum.

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Zum Auftakt wird Ziegenkäse mit Honig serviert, dann folgen andere Köstlichkeiten wie Slata Mechouia, ein Salat aus gegrillten grünen Paprikaschoten. Weiter geht es mit Shakshuka, einem leuchtend gelben Gemüse-Eintopf, gekrönt durch Stücke von getrocknetem und in Olivenöl eingelegtem Fleisch. Blutrot leuchtende, mit Rosenwasser parfümierte Granatapfelkerne werden als Dessert gereicht.

Und dann ist da noch Tabouna, ein köstliches, frisch gebackenes Brot, das zu jedem Gang gereicht wird. Traditionell wird es in zylinderförmigen Tonöfen im Freien gebacken. Auf der Öko-Farm und Herberge „Dar Zaghouan“ nahe Hammamet kann der Gast zuschauen und mitkneten.

Weizengrieß, Hefe, Fenchelsamen und schwarzer Sesam werden mit einem Schuss Olivenöl und Wasser zu einem Teig vermengt. Wenn der Tabouna-Ofen glühend heiß ist, werden die feuchten Teigfladen an seine Innenseiten geklebt. Nach wenigen Minuten gehen die Brote auf, wölben sich und werden knusprig. Ein bisschen Slata Mechouia dazu - perfekt.

Die Hauptstadt Tunesiens scheint aus zwei verschiedenen Welten zu bestehen: dem modernen Teil und der Altstadt, der sogenannten Medina. Das schlägt sich auch in den Kochtöpfen nieder. Für die modebewusste, revolutionäre Jugend ist es schick, im französisch angehauchten „Grand Café du Théâtre“ eine Crêpe zu essen. Im Labyrinth des Souks geht es traditioneller zu. Auf dem Altstadt-Markt türmen sich kunstvoll aufgehäufte Gewürzberge, der Duft von getrockneten Rosenblättern und Kräutern steigt in die Nase.

Statt in der Altstadt um Nippes zu feilschen, sollte der Tunis-Besucher lieber nach den vielen Köstlichkeiten der Medina Ausschau halten. Die dampfende Kichererbsensuppe Lablabi etwa, die aus riesigen Suppentopftürmen ausgeschenkt wird, oder das zuckersüße Dattel-Grieß-Gebäck Makroudh geben Urlaubern neue Kraft, die sich in den verschachtelten Gassen der Altstadt verirrt haben.

Innereien mit Kümmel, gebratener Lammkopf oder Rührei mit Hirn - auch deftige Fleischgerichte bekommt der hungrige Besucher im Souk. Vorausgesetzt, er steigt vom Schwein auf Lamm um. Zur Verdauung empfiehlt sich ein orientalischer Minztee.

Info Tunesien

Anreise : Flugverbindungen nach Tunesien bieten zum Beispiel Tunisair, Lufthansa und Air Berlin. Tunis, Monastir und Djerba werden wieder regelmäßig angeflogen.

Reisezeit : Die Badesaison ist zwischen Mai und Oktober. Für Besichtigungen empfiehlt sich der Herbst und Frühling, allerdings kann es zu diesen Jahreszeiten auch stürmisch und regnerisch sein.

Unterkunft : Die meisten Unterkünfte befinden sich in den zones touristiques, einige Kilometer außerhalb der jeweiligen Stadt. In einem Mittelklasse-Hotel kostet die Übernachtung im Doppelzimmer mit Frühstück zwischen 20 und 70 Euro, schwankend mit Haupt-oder Nebensaison. Generell ist ein Pauschalangebot mit Flug billiger als individuelle Preise vor Ort. Außerhalb der zone touristique finden sich in der Altstadt einfache Unterkünfte ab etwa 10 Euro.

Preise : Im Restaurant zu essen, ist preiswert. Für etwa 8 Euro bekommt man ein komplettes Menü. Minztee oder Kaffee sind für etwa 50 Cent zu haben, Straßensnacks wie Brik kosten zwischen 1 und 2 Euro. In noblen Restaurants gibt es ein Drei-Gänge-Menü ab 20 Euro.

Geld : Knapp 2 Tunesische Dinar (1,9501 TND) entsprechen 1 Euro (Stand: 14.09.2011).

Informationen : Fremdenverkehrsamt Tunesien, Bockenheimer Anlage 2, 60322 Frankfurt (Tel.: 069/13 38 350, E-Mail: info@tunesien.info)