Unternehmen wie Unilever wollen die Umwelt schonen. Doch ihre Vorgaben sind vage

Hamburg. Wenn man Paul Polman auf besonders innovative Produkte seines Konzerns anspricht, dann erwähnt der Unilever-Chef gern ein neues Speiseeis, an dem seine Forschungsabteilung arbeitet. Das Eis soll selbst bei warmen Temperaturen gefroren bleiben und muss daher nicht so stark gekühlt werden. "Das spart Kosten und schont zugleich die Umwelt", sagt der Vorstandsvorsitzende des Konsumgüterriesen, zu dem Weltmarken wie zum Beispiel Langnese, Knorr, Rama oder Pfanni gehören.

Es sind Produkte wie diese, mit denen Polman sein ambitioniertes Ziel erreichen will, den Umsatz des niederländisch-britischen Konzerns auf 80 Milliarden Euro zu verdoppeln und gleichzeitig weniger Rohstoffe zu verbrauchen. Unilever werde die Umweltauswirkungen seiner Produkte in Bezug auf CO2-Ausstoß, Wasserverbrauch und Müll bis 2020 halbieren, kündigte Polman jetzt vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten an. Zudem sollten bis zu diesem Zeitpunkt alle Agrarrohstoffe, die der Konzern verwendet, aus nachhaltigem Anbau stammen. "Die Konsumenten erwarten von uns, dass wir verantwortungsvoll mit den natürlichen Ressourcen umgehen", sagt Polman.

So wie Unilever sind derzeit immer mehr Konsumgüter- und Handelskonzerne dabei, ihre Geschäftsmodelle unter Umweltaspekten neu auszurichten. So hat sich der Hamburger Versandhandelskonzern Otto schon vor Jahren dazu verpflichtet, die klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen bis 2020 um 50 Prozent zu reduzieren. Zudem treiben die Hanseaten den Einsatz von Biobaumwolle im Konzern voran. Auch der Kaffeekonzern Tchibo hat ein eigenes Nachhaltigkeitsprogramm aufgelegt. Supermarktketten wie Rewe versuchen zudem, mit Öko-Eigenmarken beim Konsumenten zu punkten.

"Die Unternehmen geben sich gern ein grünes Image, um sich von ihren Wettbewerbern abzugrenzen", sagt der Konsumexperte der Umweltorganisation Greenpeace, Jürgen Knirsch, dem Abendblatt. "Dabei beobachten wir allerdings, dass die Firmen zunehmend für sich selbst definieren, was sie unter umweltbewusstem Verhalten verstehen - und weniger auf anerkannte Standards zurückgreifen." In den Geschäften trage dies oft zur Verwirrung der Konsumenten bei.

Was Unilever unter "nachhaltiger Landwirtschaft" versteht, zeigt sich beispielsweise an der Marke Knorr. Hier verweist der Konzern darauf, dass Tomaten für Tütensuppen im Freiland und nicht, wie sonst üblich, im Gewächshaus angebaut werden. Generell achte man bei den Anbaupflanzen wie Zwiebeln, Kartoffeln oder Karotten auf den Erhalt der Bodennährstoffe, eine wassersparende Bewässerung und den Schutz der Artenvielfalt.

Im allgemein gültigen "Sustainable Agriculture Code" des Konzerns ist zwar von einem verantwortungsvollen Umgang mit Pestiziden oder chemischen Düngemitteln die Rede, allerdings wird nicht generell auf den Einsatz solcher Mittel verzichtet. Damit sind die Unilever-Standards für nachhaltige Landwirtschaft deutlich schwächer als beispielsweise beim staatlichen Bio-Siegel, das den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln oder Gentechnik generell verbietet.

"In den Richtlinien von Unilever fehlen klare Reduktions- und Zeitvorgaben", sagt deshalb Greenpeace-Experte Knirsch. Die Kriterien für den Einsatz von Pestiziden seien zu schwammig. Bei einem der Hauptrohstoffe Soja gebe es zudem keinen Verzicht auf den Einsatz von Gentechnik. "Es wäre besser, wenn sich Unilever an Standards wie der EU-Ökoverordnung oder dem Transfair-Siegel orientieren würde, als eigene Kriterien aufzustellen", urteilt der Experte.

Auf solche Standards vertraut unter anderem der Hamburger Handels- und Kaffeeriese Tchibo. Die Hanseaten haben sich im Gegensatz zu Unilever zwar weniger ambitionierte, dafür aber möglicherweise realistischere Umweltziele gesetzt. So soll bis zum Jahr 2015 ein Viertel des Rohkaffees von Tchibo aus nachhaltigen Quellen stammen. Den CO2-Ausstoß will der Konzern bis zu diesem Zeitpunkt um 30 Prozent gesenkt haben. Zwischen 2006 und 2008 habe man bereits einen Abbau von 16 Prozent erreicht, heißt es aus dem Unternehmen. In diesem Jahr seien unter anderem Lkw-Transporte neu organisiert und zusammengelegt worden, um den Energieverbrauch zu reduzieren.

Komplett nachhaltig ist die Tchibo-Strategie aus Sicht von Greenpeace allerdings ebenfalls nicht. "Wer dem Konsumenten jede Woche eine neue Welt mit immer anderen Produkten verspricht, handelt nicht gerade umweltbewusst", sagt Experte Knirsch. Es sei besser, langlebige Produkte herzustellen, als den Kunden zu suggerieren, sie bräuchten nach einer blauen Salatschüssel bereits im kommenden Jahr eine rote.