Asiaten wollen in Hamburg investieren. Reederei Cosco droht mit Abzug von Frachtern aus der Hansestadt

Hamburg. Gleich nach der Eröffnung des Hamburg Summits, des bisher größten Kongresses mit Topmanagern aus China in der Hansestadt, hatte es Kapitän Wei Jiafu sehr eilig. Durch einen Zwischengang entschwand er zum Kolumbus-Zimmer in der Handelskammer, wo schon Präses Frank Horch und weitere Spitzen der Kammer auf ihn warteten. Bevor sich die Türen hinter dem Chef der chinesischen Großreederei Cosco schlossen, machte Wei klar, worum es ihm ging. "Wir wollen in Hamburg in den Hafen investieren", sagte der Topmanager. Konkret will sich Wei am geplanten Containerterminal Steinwerder beteiligen. Mit dem Einstieg würde sich die Reederei Umschlagkapazitäten im größten europäischen Asienhafen Hamburg sichern, wo derzeit jeder dritte Container aus dem Reich der Mitte kommt.

Bisher jedoch durfte bis auf Hapag-Lloyd, das mit 25,1 Prozent am HHLA-Terminal Altenwerder beteiligt ist, keine Reederei im Hafen investieren. "Das ist aus meiner Sicht ein großer Fehler", sagte Kongresschef Nikolaus W. Schües, ehemaliger Handelskammer-Präses und Eigner der Reederei F. Laeisz. "Die Chinesen könnten sich irgendwann die Frage stellen, warum sie ihre Container hierher bringen. Schließlich steht auch ihre Europazentrale hier." Wie solche Überlegungen ausgehen könnten, machte Wei deutlich: "Dann bringen wir die Container in ein Nachbarland." Dies könnte zudem geschehen, wenn sich die Elbvertiefung verzögert. Denn 2011 will die Reederei statt bisher Frachter für 10 000 Standardcontainer (TEU) 14 000-TEU-Schiffe in den Hafen einlaufen lassen.

China will die eigene Produktion auf im Land gebauten Schiffen transportieren

Der Vorstoß der chinesischen Linienreederei, die vom Pekinger Verkehrsministerium gelenkt wird, hat strategische Gründe. Dahinter steckt der Kurs des Staates, der sich immer mehr zu einer maritimen Großmacht entwickelt. Die mit zweistelligen Prozentraten wachsende Produktion soll mit im Land gebauten Schiffen nationaler Reedereien weitertransportiert werden und auch in Europa auf Terminals landen, auf die die Chinesen Zugriff haben.

Die Expansion in der Branche ist im vollen Gang. Cosco und China Shipping, die ebenfalls ihre Europazentrale in Hamburg haben, sind Nummer sieben und zehn unter den weltgrößten Containerlinienreedereien. Nach Singapur folgen in der Weltrangliste der Häfen Shanghai, Hongkong und Shenzhen. In Europa hält China Beteiligungen in Rotterdam, Antwerpen und Piräus.

Im Schiffbau hat das Reich der Mitte erstmals Korea überholt

Bei den Werften sind die Chinesen schon einen Schritt weiter. So werden ihre Werften in diesem Jahr erstmals die größte Tonnage abliefern.

"Weltweit produzieren die Chinesen in diesem Jahr mehr als die Koreaner. Ihr bis Ende September erzielter Vorsprung ist nicht mehr aufzuholen", sagt Werner Lundt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Die größte Werft der Welt, Jeang Nan-Chanxi, steht heute auf einer Insel vor Shanghai statt in Korea. Und selbst die Gefahr von Überkapazitäten schreckt die Chinesen nicht. "Sie argumentieren, dass die neuen Werften für ihren Eigenbedarf notwendig sind", so Lundt.

Als nächste maritime Branche steht die Schiffsfinanzierung zur Disposition. "Es scheint naheliegend, dass chinesische Banken versuchen werden, immer mehr der im eigenen Land gebauten Schiffe selbst zu finanzieren", sagte Sönke Fanslow, Vorstand in der Hansa-Treuhand-Gruppe, zu der ein Emissionshaus für Schiffsbeteiligungen zählt. Zwar hätten die Asiaten noch "Nachholbedarf" beim Know-how, wie Lars Anke sagt, der Hamburg in Shanghai als Mitglied der Außenhandelskammer vertritt. Doch dies kann sich rasch ändern.

Denn Fachwissen ließe sich auch über Beteiligungen in Europa einkaufen. Damit käme erneut Hamburg ins Spiel. Denn die Hansestadt und Schleswig-Holstein müssen sich auf Geheiß der EU von Teilen der HSH Nordbank, des weltgrößten Schiffsfinanzierers, trennen. "Gut vorstellbar", so Fanslow, "dass die Chinesen Interesse zeigen."