Zwei Jahre nach Lehman-Pleite fordert Bundesregierung Milliarden von Geldinstituten

Hamburg. Die Bundesregierung macht Ernst mit einer Zwangsabgabe für Banken und der möglichen Zerschlagung von großen Geldhäusern. Morgen will das Kabinett nach Angaben aus dem Finanzministerium das sogenannte Restrukturierungsgesetz auf den Weg bringen. Und schon bis zum Jahresende sollen die Pläne vom Bundestag verabschiedet worden sein.

Zentraler Punkt des Gesetzes ist eine Bankenabgabe, die in einen Fonds fließt. Im Falle einer Krise soll aus diesem Geldtopf die Sanierung wichtiger Kreditinstitute bezahlt werden, sodass nicht mehr alleine die Steuerzahler für die Rettung angeschlagener Geldhäuser geradestehen müssen. Damit zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus der jüngsten Finanzkrise, die mit der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman vor knapp zwei Jahren begann. Die Abgabe soll jährlich zum 30. September von allen Kreditinstituten mit Sitz in Deutschland erhoben werden. Versicherer und Hedgefonds bleiben aus rechtlichen Gründen ausgenommen. Die Höhe der Jahresbeiträge der einzelnen Institute soll sich auch nach dem Geschäftsvolumen richten. Die Abgabe werde "zumutbar" sein, hieß es. Ein Institut müsse also Gewinne erwirtschaftet haben. Für ertragsschwache Banken ohne Überschuss wird allerdings ein Mindestbeitrag fällig.

Gemessen an den Gewinnen im Vorkrisenjahr 2006 würden in den Fonds nach der jetzt geplanten Berechnung etwa 1,3 Milliarden Euro pro Jahr fließen. Der Großteil wäre mit 690 Millionen Euro auf die Privatbanken entfallen. Landesbanken hätten 319 Millionen beigesteuert, Sparkassen 60 Millionen und Genossenschaftsbanken 27 Millionen Euro. Die restlichen Institute - etwa Bausparkassen, Bürgschaftsbanken oder die DZ Bank - hätten 268 Millionen Euro gezahlt.

Kritik gibt es bereits daran, dass alle Banken einzahlen müssen. "Das ist nicht fair und nicht einsehbar", sagte Reiner Brüggestrat, Chef der Hamburger Volksbank, dem Abendblatt. "Es sind schließlich nicht die Genossenschaftsbanken gewesen, die den Schaden in der Finanzkrise verursacht haben." Ist die nächste Krise so dramatisch, dass das eingesammelte Geld nicht ausreicht, dürfen Sonderbeiträge erhoben werden. Reichen auch diese nicht, kann der Bund dem Restrukturierungsfonds Kredite von bis zu 20 Milliarden Euro gewähren, die die Banken später zurückzahlen müssten.

Nach dem neuen Gesetz soll der Staat im Extremfall auch wichtige Teile einer Bank abspalten können - selbst gegen den Willen des Instituts. Im Kern geht es darum, sogenannte ungeordnete Bankeninsolvenzen zu vermeiden. Der Staat will nicht mehr dazu erpresst werden können, wichtige Geldhäuser mit Steuergeld zu retten.

Angeschlagene Banken mit besonderer Bedeutung ("systemrelevante Banken") sollen frühzeitig mit Geld aus dem Krisenfonds saniert werden. Scheitert diese Sanierung, soll notfalls der Staat einschreiten und Teile der Bank auf einen privaten Erwerber oder auf eine staatliche "Brückenbank" übertragen können.

Mit dem Gesetzentwurf prescht Berlin bei der Bankenkontrolle vor. Die EU-Kommission will erst im Frühjahr 2011 ein Konzept vorlegen, das voraussichtlich aus 27 nationalen Systemen bestehen wird. Diese müssten noch verzahnt werden. Das berge die Gefahr, dass man das deutsche Gesetz bald wieder ändern müsse, kritisierte der Verband der Privatbanken.