Unep-Chef Achim Steiner sieht ein wachsendes Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften. “Grüne Wirtschaft“ sei mittlerweile ein Kernthema.

Hamburg. Niemand kennt den Zustand der (Um)Welt so gut wie er. Der Mann müsste deprimiert sein angesichts der täglichen Nachrichten und Fernsehbilder über menschengemachte Katastrophen wie die Ölpest im Golf von Mexiko. Das ist Achim Steiner allerdings nicht. Der Chef des Uno-Umweltprogramms Unep registriert vielmehr ein weltweit wachsendes Bewusstsein für mehr Umweltschutz und Umweltschonung. "In der internationalen Politik ist der Weg zu einer ,grünen Wirtschaft' mittlerweile ein Kernthema geworden", sagte Steiner am Freitag in Hamburg. Er war auf Einladung des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) gekommen.

Zwischen seinem vorigen Termin in Leipzig und dem nächsten in London verbreitete er im Haus der Natur in Eimsbüttel Optimismus. "Die Weltwirtschaftskrise hat viele Menschen sehr verunsichert, ob wir uns heute noch den Umweltschutz leisten können, den wir gestern wollten. Doch in der Substanz sind die Themen Umwelt- und Klimaschutz heute eher stärker verankert als noch vor wenigen Jahren."

Im bevölkerungsreichsten Land China registriert Steiner ein weitreichendes Umdenken. "Man nimmt in den Medien eher wahr, dass dort jede Woche einige neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen. Die alten, die dafür abgeschaltet werden, sieht man hingegen nicht. Ich bin sicher, dass China schon in nicht allzu langer Zeit einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft vollziehen wird." Auch in Afrika breiteten sich Entwicklungen wie eine Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen oder ein zertifizierter ökologischer Landbau aus, sagte Steiner. Er führt die Unep mit Sitz in Kenias Hauptstadt Nairobi als Nachfolger von Klaus Töpfer seit 2006. "In Ostafrika entsteht gerade ein regionaler gemeinsamer Markt mit rund 100 Millionen Menschen. Das wird den Einsatz der erneuerbaren Energien dort stark voranbringen."

Als Uno-Diplomat darf sich Steiner nicht in innenpolitische Themen wie etwa die deutsche Energiedebatte einmischen. Was er von erneuerbaren Energien und von der Atomkraft hält, sagte er trotzdem deutlich. "Niemand hätte vor zehn Jahren zu glauben gewagt, dass ein Industriestaat wie Deutschland heute bereits ein Sechstel seines Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt. Es beeindruckt, wie dies im Zusammenspiel des Marktes und einem politisch gesetzten Ordnungsrahmen gelungen ist." Die Debatte um längere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke kommentierte er nicht, sagte aber: "Ich höre immer, dass Atomkraft auf lange Sicht die ökonomischste Art der Stromerzeugung sei. Zum Beleg dafür fehlen mir aber noch die entsprechenden Zahlen."