Die Bahn darf den britischen Arriva-Konzern kaufen, muss dafür aber die Metronom-Züge abtreten. Hamburgs Hochbahn hat Interesse.

Hamburg. Die Deutsche Bahn kann den größten Zukauf seit ihrer Privatisierung in den 90er-Jahren vollziehen. Die EU-Kommission in Brüssel stimmte der Übernahme des britischen Verkehrsunternehmens Arriva gestern zu. Sie verband dies jedoch mit der Auflage, dass die Bahn das gesamte Deutschland-Geschäft von Arriva verkauft. Bahnchef Rüdiger Grube begrüßte die Freigabe: "Da wir kein Interesse am Deutschland-Geschäft von Arriva hatten, akzeptieren wir die Auflage des Paketverkaufs dieser Tochtergesellschaften uneingeschränkt und setzen sie konstruktiv um." Die Deutsche Bahn beginne jetzt mit dem Verkaufsprozess für Arriva Deutschland . Die Übernahme von Arriva soll am 27. August vollzogen werden. Die Bahn zahlt dafür inklusive Schulden 2,8 Milliarden Euro.

Die Bahn will das Deutschland-Geschäft von Arriva als Gesamtpaket verkaufen

Während Grube allerdings von einem "Paketverkauf" sprach, ist davon in der Stellungnahme der EU-Kommission nicht die Rede. Die Wettbewerbshüter in Brüssel dringen vielmehr darauf, dass die Deutsche Bahn "das gesamte deutsche Bahngeschäft von Arriva" abgibt. Dies macht einen erheblichen Unterschied vor allem für die Benex, die Holding der Hamburger Hochbahn für die Verkehrsbeteiligungen außerhalb der Hansestadt. Die Benex ist mit Arriva bislang noch Partner sowohl bei der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG) mit Sitz in Berlin wie auch bei der Uelzener Gesellschaft Metronom. Hochbahnchef Günter Elste hatte wiederholt erklärt, die Benex sei an der Aufstockung ihrer Anteile bei Metronom und bei der ODEG interessiert. Ein Kauf von Arriva Deutschland insgesamt allerdings würde die Ressourcen von Benex überfordern. Falls die Bahn diesen Verkauf nun wie angekündigt in einem Stück abwickelt, sinken die Chancen von Benex auf eine Expansion bei den beiden wichtigen norddeutschen Verkehrsunternehmen deutlich.

Benex-Sprecher Christoph Kreienbaum zeigte sich gestern überrascht von der Mitteilung der Bahn: "Ein Paketverkauf ist in der Auflage der EU-Kommission nicht vorgeschrieben. Die Benex sieht diese Variante mit Sorge. Auch deshalb, weil die Politik in Norddeutschland eine norddeutsche Lösung bei Metronom bevorzugen würde", sagte Kreienbaum dem Abendblatt.

Die Benex hält 25,1 Prozent der Metronom-Anteile, Arriva Deutschland indirekt über ein Tochterunternehmen etwas mehr als 40 Prozent. Bei der ODEG halten Arriva und Benex jeweils die Hälfte der Anteile. Der Verkauf von Arriva Deutschland durch die Deutsche Bahn hätte der Benex die willkommene Gelegenheit bieten können, bei den beiden Verkehrsgesellschaften die Mehrheit zu übernehmen und damit die angestrebte Expansion bei den regionalen Eisenbahnverkehren fortzusetzen.

Die Benex will ihre Anteile bei Metronom und der ODEG aufstocken

Die Benex hat - neben einer Reihe von Busverkehren - derzeit rund 38 Millionen Zugkilometer jährlich unter Vertrag, inklusive neuer Verkehre in Berlin und Brandenburg, die das Unternehmen nach einer Ausschreibung durch die Bundesländer demnächst von der Deutschen Bahn übernimmt. Im regionalen Bahnverkehr in Deutschland entspricht das rund sechs Prozent Marktanteil. Hochbahnchef Elste peilt für das Tochterunternehmen rund zehn Prozent Marktanteil an. Eine Mehrheitsübernahme bei Metronom und ODEG hätte die Benex auf diesem Weg einen großen Schritt vorangebracht. "Ein Paketverkauf von Arriva Deutschland wird den Wettbewerb eher behindern als befördern", sagte Benex-Sprecher Kreienbaum.

Als Kandidaten für die Übernahme von Arriva Deutschland gelten der staatliche französische Bahnkonzern SNCF, die niederländische Staatsbahn NS, aber auch die westfälische Rethmann-Gruppe sowie Finanzinvestoren. Bahnchef Grube hatte kürzlich eine zweistellige Zahl von Interessenten genannt. Die Bahn will das Unternehmen an den Meistbietenden veräußern. Theoretisch besteht für die Benex die Chance, dass ein Käufer von Arriva Deutschland einen Teil von deren Beteiligungen weiterverkauft. Arriva Deutschland ist mit einer Reihe von Tochterunternehmen bundesweit aktiv.

Für die Deutsche Bahn geht es nun vorrangig darum, die Übernahme von Arriva umzusetzen. Das Unternehmen soll am 27. August von der Börse genommen und künftig von der britischen Tochter der Bahn geführt werden, aber sehr eigenständig operieren, hieß es. Mit dem Kauf von Arriva will die Deutsche Bahn ihre Position am europäischen Bahn- wie auch am Busmarkt ausbauen und gegen den Hauptkonkurrenten SNCF stärken.