Maurizio Borletti will Investor Berggruen die Warenhauskette Karstadt wegschnappen. Der kämpft weiter um niedrigere Mieten.

Hamburg. Der italienische Kaufhauskönig Maurizio Borletti ist ein Mann, der nicht so schnell aufgibt. Acht Wochen ist es her, dass der Betreiber der Warenhausketten La Rinascente und Printemps mit seinem Versuch scheiterte, zusammen mit dem Vermieterkonsortium Highstreet den insolventen Karstadt-Konzern zu übernehmen. Gläubiger und Insolvenzverwalter entschieden sich jedoch lieber für den deutsch-amerikanischen Investor Nicolas Berggruen .

Doch nachdem sich Berggruen immer verzweifelter die Zähne daran ausbeißt, auskömmliche Mieten für die Karstadt-Häuser auszuhandeln, wittert Borletti nun seine zweite Chance. Er hat dem Insolvenzverwalter ein neues Angebot für die Warenhauskette vorgelegt: 100 Millionen Euro will er zusammen mit Verbündeten in die Häuser investieren. Es soll keine Aufteilung der Kette geben, keine Schließungen von Häusern und auch keine Forderungen gegenüber den 25 000 Beschäftigten des Unternehmens. Sein Plan sehe weder Stellenstreichungen noch eine Verlängerung der Arbeitszeiten vor.

"Ich bin sicher, wir hätten gute Chancen, wären wir als offizielle Bieter zugelassen", sagte der 43 Jahre alte Mailänder auf einer gestern anberaumten Telefonkonferenz. Den Gläubigerausschuss von Karstadt forderte Borletti auf, die Frist für Investor Berggruen auf seiner heutigen Sitzung nicht noch einmal zu verlängern. Sollte dies doch geschehen, wolle er zumindest erreichen, dass Berggruens Exklusivstatus als einziger Investor aufgehoben werde.

Bei Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg blitzte Borletti mit seinem erneuten Vorstoß allerdings ab. "Angebote für Karstadt konnten bis vor zwei Monaten eingereicht werden, danach nicht mehr", sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters dem Abendblatt. Rechtlich gesehen sei die Lage eindeutig: Görg habe mit Berggruen einen Vertrag über den Verkauf von Karstadt geschlossen. Den gelte es zu erfüllen, so der Sprecher. Dieser Vertrag wird allerdings nur dann gültig, wenn es Berggruen gelingt, sich endlich über die strittigen Mietzahlungen für die Karstadt-Häuser zu einigen. Bis diesen Sonntag muss er erklären, ob er eine Einigung mit den Vermietern für möglich hält. Am Dienstag soll dann das Amtsgericht Essen den Insolvenzplan absegnen. Schon mehrfach wurde dieser Termin wegen der anhaltenden Mietquerelen verschoben.

Genau dies ist aber der Punkt, der Borletti für Berggruen so gefährlich macht. Im Gegensatz zu dem deutsch-amerikanischen Investor besitzt der Italiener nämlich exzellente Kontakte zum Highstreet-Konsortium, mit dem er sein ersten Angebot für Karstadt vorgelegt hatte. Er selbst hält zwei Prozent der Anteile an Highstreet, viele Investoren des Konsortiums sind ihrerseits an Häusern von La Rinascente und Printemps beteiligt. Zudem köderte Borletti die Vermieter gestern mit dem Versprechen, deutlich schlechtere Mietkonditionen als Berggruen akzeptieren zu wollen. Er plane auch keine Aufspaltung der Kette in Premium- und gewöhnliche Warenhäuser, die aufgrund unterschiedlicher Miethöhen bei Highstreet ebenfalls auf Missfallen gestoßen war.

Schon seit Längerem mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Vermieter insgeheim Borletti als Partner bei Karstadt favorisieren und die Verhandlungen mit Berggruen mit voller Absicht torpedieren. Eine Schlüsselrolle kommt in diesem Zusammenhang der kleinen Valovis Bank zu. Sie hat 53 der insgesamt 86 Highstreet-Häuser mit einem Kredit von 850 Millionen Euro abgesichert und sperrt sich vehement dagegen, dass Berggruen niedrigere Mieten für die Häuser festzurrt. Dies könne sogar die Existenz des Unternehmens gefährden, sagte eine Sprecherin von Valovis dem Abendblatt. Offiziell müht sich die Bank zwar weiterhin, mit dem Karstadt-Käufer zu einer Einigung zu kommen, doch im Hintergrund wird offenbar schon auf einen neuen Eigentümer gesetzt. So lancierte die PR-Agentur von Valovis in der vergangenen Woche erstmals die Nachricht, dass es neben Berggruen mit Borletti auch noch einen weiteren Investor gebe, der bereit sei, 100 Millionen Euro in das Unternehmen zu stecken.

Borletti philosophiert derweil schon mal über mögliche Veränderungen bei Karstadt, die er gerne vornehmen würde. "Die Luxuskaufhäuser KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger sind zwar relativ gut aufgestellt, die Rentabilität könnte allerdings besser sein", sagt der Italiener. Vor allem müsse aber in die gewöhnlichen Karstadt-Häuser investiert werden.

Der Italiener hatte in den vergangenen Jahren von sich reden gemacht, als er 2005 zusammen mit Pirelli und der Deutschen Bank die Kaufhauskette La Rinascente (Wiedergeburt) zurückkaufte, die seine Vorfahren 1917 erworben hatten und 1969 an den Fiat-Konzern verkauften. Ein Jahr später folgte die Übernahme der französischen Kette Printemps (Frühling). Beide Unternehmen erwirtschaften laut Borletti Gewinne, allerdings nur dann, wenn man die Erlöse aus den Mieteinnahmen der Gruppe in die Rechnung mit einbezieht.

Gestern betonte Borletti mehrfach seine Erfahrungen als Kaufhausunternehmer, musste allerdings auch einräumen, dass sich diese nicht auf den hart umkämpften deutschen Markt beziehen. Sollte er tatsächlich bei Karstadt zum Zuge kommen, versprach der Mailänder zumindest eines: "Ich werde die deutsche Sprache lernen."