Die Berufsfeuerwehr in Hamburg steht vor einer Ruhestandswelle und braucht junge Kräfte. Viele Stellen müssen neu besetzt werden.

Hamburg. Für Matthias Veit war es ein Kindheitstraum. Schon als er seine Ausbildung zum Industriemechaniker in Jena begann, sollte sie nur ein "Sprungbrett" sein für seine Berufung - Feuerwehrmann zu werden. Gleich nach dem Ende der Lehre bei einem Anlagenbauer bewarb sich der 25-Jährige bei der Berufsfeuerwehr in Hamburg und wurde "auf Anhieb genommen", wie er sagt. Sein Vorteil: Veit hatte bereits 15 Jahre Erfahrung beim Löschen und Retten, erworben in der freiwilligen Feuerwehr seines Heimatorts.

Männer wie Veit sind ein Glücksfall für die Hamburger Wehr. Die Berufsretter suchen dringend Nachwuchs. "Allein zwischen April 2012 und Ende 2013 müssen 70 Stellen neu besetzt werden", sagt Hamburgs Feuerwehrchef Klaus Maurer, 53. Diese Zahl, die nur die Fluktuation ausgleicht, wird aber künftig kaum genügen. In den kommenden vier Jahren gehen fast 200 der gut 2300 Beschäftigten mit 60 Jahren in den Ruhestand. Diese Zahl wird sich in den Folgejahren mehr als verdoppeln. "Spätestens von 2018 an droht uns, dass wir Rettungsfahrzeuge nicht mehr ausreichend besetzen können", sagt Maurer.

+++ Dienst an der Gesellschaft +++

+++ Personalnot - Feuerwehr schaltet Arbeitsagentur ein +++

Der hohe Bedarf trifft auf eine sinkende Zahl von Jugendlichen, die eine Ausbildung beginnen. "Die Nachwuchssorgen betreffen auch das Handwerk, auf dessen Gesellen wir vor allem zurückgreifen", so der Hamburger Feuerwehrchef. Für die Berufsfeuerwehr gilt jedoch zusätzlich, dass nur Bewerber aufgenommen werden können, die körperlich fit sind. Das schränkt die Auswahl weiter ein. Und Ingenieure, etwa aus den Bereichen Bau, Maschinenbau oder Elektrotechnik sowie Chemiker oder Physiker, die die Berufsfeuerwehr für Leitungspositionen sucht, schreckt schon die Bezahlung während der 18-monatigen Ausbildung ab. Gezahlt werden nach Hamburgischem Besoldungsgesetz 1200 bis 1300 Euro brutto.

Die Hansestadt steuert mit einem Programm für Studenten gegen, denen parallel zum Studium der Gefahrenabwehr an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) eine Feuerwehrausbildung angeboten wird. Weil die Bemühungen um Nachwuchs aber nicht ausreichen, sind für den 15. Februar erstmals Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur geplant.

Die Vorbereitung dafür wirkt sich bereits aus. "Wir haben jetzt einen zweiten Saal für die Interessierten bereitgestellt", sagt Agentursprecher Knut Böhrnsen. Die Arbeitsvermittler erwarten zu den beiden Terminen am Vor- und Nachmittag jeweils 200 bis 300 Personen. Schon wegen des hohen Durchschnittalters der Feuerwehrleute kann ihnen Thorsten Gundlach, Leiter des Personalauswahl-Zentrums der Berufsfeuerwehr, "gute Aufstiegschancen" in Aussicht stellen. Dazu kommt: Selbst in der niedrigeren der zwei Laufbahngruppen sind in der Endstufe knapp 2800 Euro netto drin, Akademiker kommen in der Spitze auf ein Einkommen von 3000 bis 4000 Euro.

Längst ist die Hamburger Berufsfeuerwehr auch nicht mehr für Männer reserviert. "Frauen sind willkommnen", sagt Maurer, der seit 2006 an der Spitze steht. Tatsächlich kamen aber erst 27. Allerdings sind einige bereits in die engere Führung aufgestiegen. So führt die Elektroingenieurin Claudia Healy in ihrer Wache in Sasel bis zu 25 Männer.

Auch Migranten sind erwünscht. Ihre Sprachkenntnisse gelten bei vielen Notfällen vor Ort oder auch bei Anrufen in der Leitzentrale gerade in einer Großstadt wie Hamburg als wertvoll. Mit dem Beamtenstatus gibt es für sie keine Probleme. Den erhalten alle EU-Bürger und Bürger von assoziierten Staaten wie der Türkei. "Doch es kommen eben nur wenige. Das liegt daran, dass ein Engagement in einer freiwilligen Feuerwehr im Ausland längst nicht so verbreitet ist wie bei uns", weiß Maurer. Eine Folge des Mangels bei den Rettern: Derzeit wird bundesweit überlegt, ob man künftig eine eigene Ausbildung für Feuerwehrleute einführen soll. Entschieden ist jedoch noch nichts.

Die Anforderungen an werdende Feuerwehrleute werden sich aber auch dann nicht ändern. Die Aufnahmetests, die neben Sport auch Mathematik, Technik, Physik und technisches Verständnis umfassen, bleiben die höchste Hürde. "Bei den Übungen müssen keine Höchstleistungen erbracht werden. Aber wir müssen erkennen, dass die Bewerber bereit sind, über die eigenen Grenzen zu gehen", sagt Gundlach. "Im Ernstfall vertrauen sich Feuerwehrleute untereinander ihr Leben an."

Den Teamgeist hat Julian Röschmann bereits gespürt. Nach sechs Monaten hat er seine Grundausbildung abgeschlossen und die Anstrengungen trotz der Übungen mit schwerem Atemgerät und Chemikalienschutzanzug "nie bereut". Der 28-Jährige hatte nach dem Abitur zunächst einen Bachelor für Film und Fernsehen erworben, fühlte sich aber als Kameramann nicht wohl. Die Sender wollten ihn allenfalls befristet anstellen. Drei Jahre nach dem Abschluss seiner 18-monatigen Ausbildung und nach dem obligatorischen Lehrgang zum Rettungssanitäter hat er nun eine Perspektive als Beamter auf Lebenszeit. Röschmann ist sicher: "Ich bleibe Feuerwehrmann."