Zweifel an Finanzkraft der Investoren. Vorstandschef der Metro bricht die Verhandlungen ab. Die Kaufhof-Mitarbeiter sind erleichtert.

Düsseldorf/Hamburg. Olaf Koch gilt als kühler Rechner und Mann schneller Entscheidungen. Nach nur zwei Wochen an der Spitze des größten deutschen Handelskonzerns ist der neue Metro-Chef seinem Ruf nun gerecht geworden. Völlig überraschend beendete der 41-Jährige gestern die seit Monaten andauernden Verkaufsverhandlungen für die Warenhaustochter Kaufhof. Der Ex-Finanzvorstand will das Traditionsunternehmen mit mehr als 20 000 Mitarbeitern und 140 Filialen nicht unter Preis verkaufen - und nicht Gefahr laufen, dass eine Finanzierung des Milliardengeschäfts angesichts der Krise an den Finanzmärkten Risiken unterworfen sein könnte.

"Die aktuelle Lage am Kapitalmarkt bietet keine geeigneten Rahmenbedingungen für eine so wichtige Transaktion", begründete Koch die Entscheidung, die auch von der einflussreichen Familie Haniel, dem Großaktionär der Metro, mitgetragen wird. "Wir haben immer betont, dass ein Verkauf das Potenzial von Galeria Kaufhof reflektieren muss", erklärte Koch weiter. Aus heutiger Sicht könne Metro am besten selbst für Kaufhof sorgen: Der Konzern wolle zunächst selbst an einer "weiteren Wertsteigerung" der Warenhauskette arbeiten.

Als eine Abkehr vom Kurs seines Vorgängers Eckhard Cordes wollte Koch den Abbruch der Verkaufsverhandlungen allerdings nicht verstanden wissen. An dem generellen Wunsch, sich von Kaufhof zu trennen, halte der Konzern weiter fest, sagte ein Metro-Sprecher dem Abendblatt. Die Warenhauskette gilt als nicht internationalisierbar und passt daher nicht in die weltweite Strategie des Handelskonzerns. Zum Kerngeschäft zählen hingegen die Großhandelssparte Cash & Carry sowie die Elektronikmarktkette Media Saturn.

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Metro hatte zuletzt nur noch mit dem österreichischen Immobilieninvestor Rene Benko über eine Übernahme von Kaufhof verhandelt. Benko, der sich unter anderem mit dem ehemaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und einem griechischen Milliardär für die Übernahme verbündet hatte, soll bereit gewesen sein, mehr als zwei Milliarden Euro für die Warenhäuser zu zahlen. Doch an der tatsächlichen Fähigkeit der Investoren, den gebotenen Preis aufzubringen, dürften Metro nun Zweifel gekommen sein. Benko reagierte gestern dennoch betont gelassen auf den Abbruch der Gespräche. "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben", ließ er ausrichten.

Im Umfeld des Karstadt-Eigentümers Nicolas Berggruen, der ebenfalls für Kaufhof geboten hatte, wurde Kochs Schritt begrüßt. Beim bisherigen Verkaufsprozess sei der Rivale Benko einseitig bevorzugt worden. Es sei vernünftig, diesen misslungenen Verkaufsprozess abzubrechen und irgendwann einen neuen Versuch zu starten, hieß es. Berggruen hatte geplant, Galeria Kaufhof mit seiner eigenen Kaufhauskette zu verschmelzen und so die seit Jahren diskutierte Deutsche Warenhaus AG zu schaffen.

Neben Benko hatte auch noch der Ex-Karstadt-Chef Wolfgang Urban seinen Hut in den Ring geworfen. Als Kopf einer Investorengruppe bot er ebenfalls für Kaufhof, ihm wurden aufgrund seiner wenig erfolgreichen Arbeit beim ehemaligen KarstadtQuelle-Konzern aber nur geringe Chancen eingeräumt.

Aus Sicht der Kaufhof-Beschäftigten ist der Abbruch der Gespräche zunächst eine gute Nachricht. Die Gewerkschaft Ver.di hatte einem Verkauf der Kette stets skeptisch gegenübergestanden, weil sie befürchtete, dass ein ausschließlich gewinnorientierter Investor Arbeitsplätze und Standorte streichen könnte. Vor allem bei einer Zusammenlegung mit Karstadt hätte es eine ganze Reihe von Doppelstandorten wie beispielsweise an der Hamburger Mönckebergstraße gegeben, von denen vermutlich nur einer erhalten geblieben wäre. Insgesamt wären die Auswirkungen in der Hansestadt, wo es zwei Kaufhof-Filialen und elf Karstadt-Häuser gibt, aber gering ausgefallen.

Handelsexperten und Börsianer nahmen die Entscheidung Kochs ebenfalls positiv auf. "Metro hat derzeit keinen Leidensdruck, Kaufhof loszuwerden", sagte Professor Jörg Funder, der Handelsmanagement an der Fachhochschule Worms lehrt. "Es ist richtig, dass sich der Konzern jetzt auf eine Verbesserung der Modeabteilungen bei Kaufhof und auf eine stärkere lokale Ausrichtung der Sortimente konzentriert." Langfristig führe allerdings kein Weg an einer Deutschen Warenhaus AG vorbei, da der Druck von Shoppingcentern und großen Modefilialisten auf die Kaufhäuser immer größer werde. An der Börse legten die Metro-Aktien deutlich zu und notierten zeitweilig mit einem Plus von mehr als fünf Prozent bei 28,74 Euro.

Wirklich gut laufen die Geschäfte bei Metro und Kaufhof allerdings nicht. Nach den vorläufigen Zahlen sank der Konzernumsatz 2011 bei enttäuschendem Weihnachtsgeschäft um 0,8 Prozent auf 66,7 Milliarden Euro. Der Gewinn (Ebit) soll leicht unter dem Vorjahresniveau von 2,4 Milliarden Euro liegen. Bei der Warenhaustochter schrumpften die Erlöse sogar um 3,7 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Der Konzern machte dafür unter anderem das ungünstige Wetter verantwortlich.