Hamburg/Athen. Mit einem 24-stündigen Streik und Kundgebungen haben griechische Staatsbedienstete abermals gegen die Sparmaßnahmen der Regierung protestiert. Schulen und Gerichte blieben geschlossen, einige Fährbetriebe stellten den Betrieb ein, in den Krankenhäusern blieb nur ein Notdienst bei der Arbeit und Touristen in Athen mussten auf einen Besuch der Akropolis verzichten. Es war bereits der vierte Streik im öffentlichen Sektor Griechenlands in diesem Jahr - und wie schon zuvor kam es vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Angesichts der Staatsschulden von rund 300 Milliarden Euro hatte die Regierung umfangreiche Ausgabenkürzungen beschlossen. So sollen unter anderem die Gehälter der Angestellten im öffentlichen Dienst sinken.

Unterdessen verdüstern sich die finanziellen Perspektiven des Mittelmeerstaats immer weiter. So senkte die Ratingagentur Moody's die Bonitätsnote für griechische Staatsanleihen von bisher "A2" auf "A3" und teilte mit, eine weitere Herabstufung sei möglich. Der Grund: Weil die Rendite griechischer Staatsanleihen zuletzt noch deutlich gestiegen ist, muss das Land für den Schuldendienst jetzt mehr bezahlen als bislang angenommen.

Dazu trugen auch die abermals nach oben korrigierten Daten zum Defizit Griechenlands bei - nach jüngsten Berechnungen lag die Neuverschuldung im Jahr 2009 bei 13,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit hat sich das Haushaltsdefizit im Vergleich zu 2008 fast verdoppelt.

Mit einer Gesamtschuldenquote von 115,1 Prozent wird Griechenland nun innerhalb der Europäischen Union nur noch von Italien (115,8 Prozent) übertroffen. Zum Vergleich: Deutschland kommt auf 73,2 Prozent, nach dem Maastricht-Vertrag wären 60 Prozent zulässig.

Allerdings rangieren die Griechen mit ihrem Defizit von 13,6 Prozent für 2009 nicht an der Spitze aller Euro-Länder: Irland meldet eine Neuverschuldung von sogar 14,3 Prozent. Dennoch beunruhigt dies die Finanzmärkte kaum. "Die Iren haben eine gewisse Tradition, vernünftig mit ökonomischen Problemen umzugehen", sagt dazu Rolf Drees, Kapitalmarktexperte bei der WGZ Bank, dem Abendblatt. "Dort ist die Einsicht in die Notwendigkeit einer Therapie einfach höher." Matthias Thiel, Kapitalmarktstratege des Hamburger Bankhauses M.M. Warburg, bestätigt das: "Irland hat schon beachtliche Sparanstrengungen unternommen."

Dass vor allem Griechenland ins Fadenkreuz der Märkte geraten sei, liege auch daran, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Landes im Vergleich zu anderen Euro-Staaten schlecht sei - "und dass andere nicht in gleichem Maße über die eigenen Verhältnisse gelebt haben".

Währenddessen fiel der Euro-Kurs angesichts der Schuldenkrise auf den tiefsten Stand seit fast einem Jahr. Drees hält es für wahrscheinlich, dass die Gemeinschaftswährung in den nächsten Wochen noch weiter an Wert verliert.