Warum bekomme ich keinen Kredit oder kein Girokonto? Ein Brief bringt die Antwort: Ab sofort können Daten abgerufen werden.

Hamburg. Ab sofort gibt es Einblick in Daten, die bisher ein gut gehütetes Geheimnis waren. Wer sich zum Beispiel darüber ärgert, dass der Nachbar immer die günstigeren Kredite erhält, kann den Grund dafür jetzt finden. Von diesem Donnerstag an kann jeder Aufklärung darüber verlangen, welche Daten eine Auskunftei wie die Schufa zu seiner Person gespeichert hat und welche Daten an andere übermittelt wurden. Denn nach einer Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes haben alle Verbraucher Anspruch auf eine kostenlose Auskunft pro Jahr.

Ob neuer Mobilfunkvertrag, Ratenkauf, Hauskauf oder Eröffnung eines Girokontos: In all diesen Fällen fragen Händler bei Auskunfteien nach, wie kreditwürdig der Kunde ist. Die bekannteste Auskunftei in Deutschland ist die Schufa. Sie verfügt über insgesamt 440 Millionen Daten von 66 Millionen Verbrauchern. Wettbewerber sind Bürgel, CEG Creditreform, Infoscore und Deltavista. "Wir rechnen mit einem großen Informationsbedarf der Betroffenen", sagt Wolfgang Hübner, Geschäftsführer von Infoscore. Die Schufa präsentiert im Internet ( www.schufa.de ) bereits eine Musterauskunft, die Verbraucher erwarten können.

So erfährt er, welche Banken und Händler Vertragsdaten über Kreditverträge, Kontoeröffnung oder Kreditkartenverträge an die Schufa gemeldet haben. Gleichzeitig wird informiert, welche Bonitätsnoten die Schufa über ihn in den vergangenen zwölf Monaten an ihre Vertragspartner gemeldet hat. Dazu gibt es noch den Basisscore, also die Bonitätsnote und zusätzlich die Schufa-Branchenscores. Denn die Kreditwürdigkeit wird für verschiedene Branchen ganz individuell beurteilt. "Für eine Baufinanzierung gelten andere Anforderungen als für die Begleichung einer Rechnung aus dem Versandhandel", sagt Schufa-Sprecher Andreas Lehmann.

"Wir raten allen Verbrauchern, ihr Auskunftsrecht zu nutzen", sagt Achim Tiffe, stellvertretender Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen in Hamburg, dem Abendblatt. "Nur so lassen sich falsche Informationen finden, die nachteilig für die Kreditgewährung sein können." Eine Studie im Auftrag des Verbraucherschutzministeriums offenbarte, dass mehr als die Hälfte der bei Auskunfteien gespeicherten Daten falsch sind. "Wer einen Fehler findet, sollte ihn korrigieren lassen", rät Tiffe.

Sehr umstritten ist zum Beispiel das Scoring zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit. Dabei werden bis zu 200 Merkmale aus den Daten des Kunden wie Verdienst, Alter, Beruf, Arbeitgeber oder auch der Wohnort definiert und ausgewertet. Mit diesem Verfahren wird die Bonität eingeschätzt. Je besser ein Kunde abschneidet, umso kreditwürdiger ist er. "Das System steckt Verbraucher in Schubladen, ohne dass sie erfahren, wie und warum sie dort gelandet sind", sagt Frank-Christian Pauli vom Verbraucherzentrale-Bundesverband. Das soll sich jetzt ändern. "Der Scorewert muss auch einzelfallbezogen erläutert werden", sagt Tiffe. Doch bei der Schufa erfährt der Verbraucher in der Musterauskunft auch nur, dass es sich um ein mathematisch-statistisches Verfahren handelt. So können zwar die Nachbarn ihren Scoringwert vergleichen. Warum der eine aber besser abschneidet als der andere, bleibt nach wie vor im Dunkeln. Die Einbeziehung des Wohnorts in das Scoring ist nicht ausgeschlossen.

"Die Adresse kann nach wie vor von überragender Bedeutung für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit sein", sagt Tiffe. Damit besteht die Gefahr, dass eine schlechtere Wohngegend bedeutet, keinen Kredit zu erhalten. "Wir verwenden die Anschrift für unser Scoring nicht", sagt Lehmann. Zumindest dürfen die Banken künftig nicht mehr jede Kreditanfrage gleich an Auskunfteien melden. "Das ist nur möglich, wenn tatsächlich ein Kreditvertrag abgeschlossen wurde", sagt Tiffe. Bisher konnten viele Kreditanfragen, bei denen der Verbraucher nur Konditionen vergleichen wollte, den Scorewert verschlechtern. Weiterer Pluspunkt im Verbraucherschutz: Bestrittene oder einmalig gemahnte Forderungen dürfen nicht gleich an eine Auskunftei gemeldet werden.

Neben der kostenlosen Information offeriert die Schufa auch eine umfangreiche Bonitätsauskunft für 18,50 Euro. Sie bietet neben den persönlichen Daten eine Bonitätsauskunft, wie sie für Vermieter oder Arbeitgeber benötigt wird. "Die Auskunft enthält nur Daten, die für den Vertragsabschluss relevant sind, und wird auf Papier mit Wasserzeichen gedruckt", sagt Lehmann. Bisher kostete diese Eigenauskunft 7,80 Euro. Die meisten anderen Auskunfteien belassen es dagegen bei der kostenlosen Auskunft.