Konzern bietet Fertighäuser ab 180.000 Euro an. Politiker kritisieren den einfachen Baustil. Siedlung auch im Umland von Hamburg geplant.

Hofheim-Wallau. Was für ein Schock! Zuerst war alles nach Plan gelaufen: Die Pressesprecherin hatte mit leuchtenden Augen verkündet, dass das versammelte Publikum "die ersten Menschen" seien, die die Neuheit bestaunen dürften. Dann hatte ein lächelnder Ikea-Manager aus Schweden, gesagt, dass heute ein "toller Tag" sei. Doch als Philipp Mühlbauer ans Mikro tritt und erklären will, warum heute ein toller Tag ist, passiert es: Krawumm! Ein lauter Knall lässt den Fertighausbauer zusammenfahren. Entsetzt blickt er sich um, schaut, ob ES noch steht. Dann fängt er sich wieder: ES steht noch. Das erste deutsche Ikea-Musterhaus. Puh. Ein Lastwagen hatte lediglich unter großem Krachen einen Altglascontainer auf dem Parkplatz der Ikea-Deutschland-Zentrale bei Frankfurt geleert.

Die Häuser heißen "Immeln" und "Fryken" - und Ikea will mit ihnen den deutschen Fertighausmarkt erobern. In Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark und Großbritannien gibt es bereits 4000 solcher Häuser. Noch in diesem Jahr will der schwedische Konzern in Zusammenarbeit mit Mühlbauers Baufirma Bien-Zenker 30 Reihenhäuser und Eigentumswohnungen in Offenbach und Wiesbaden bauen, Projekte in Hofheim und Nürnberg sollen folgen. Ende des Jahres sollen die ersten Deutschen in ihre Ikea-Häuser einziehen. Auch im Umland von Hamburg schaut sich Ikea schon nach geeigneten Grundstücken um.

Das Konzept heißt "BoKlok", übersetzt "clever wohnen". Zum Allzweckimbusschlüssel greifen muss keiner: Ikea kümmert sich um alles. Clever sind die Schweden vor allem in eigener Sache. Denn das kleine Haus ist perfekt geschnitten - für Ikea-Möbel. Damit Produkte wie Ivar, Billy und Pax ein Zuhause finden, bekommt jeder Hauskäufer ein Einrichtungsseminar geschenkt.

Doch ob sich der Schritt auf den Hausbaumarkt lohnt, ist fraglich. Die deutsche Braubranche verzeichnete 2009 einen Rückgang um vier Prozent, der Fertighausmarkt gilt als übersättigt. Das "BoKlok"-Konzept ist unflexibel: Das Haus gibt es nicht einzeln, sondern nur als Teil einer Ikea-Siedlung. Wo diese liegt, das bestimmt Ikea. Mühlbauer findet das nicht schlimm, erzählt von Parkbänken, auf denen Ikea-Hausbewohner klönen und von "symbolischen Apfelbäumen", die man den konformen Kunden vor die Haustür pflanzen will. Schöne neue Ikea-Welt.

Das 102 Quadratmeter große Einfamilienreihenhaus "Immeln" kostet in Offenbach inklusive Grundstück, Montage und Garten rund 230 000 Euro. Die 84-Quadratmeter-Version "Fryken" liegt bei 180 000 Euro. Darüber hinaus baut Ikea auch Wohnungen. Die 50-Quadratmeter-Wohnung gibt es ab 100 000 Euro. Das sind keine Schnäppchen, heißt es in der Branche.

Ausgerechnet am Sitz der Deutschland-Zentrale in Hofheim wehren sich Kommunalpolitiker gegen den Bau von Ikea-Häusern. Weil sie angeblich zu hässlich sind. Mit einem roten Schwedenhäuschen à la Bullerbü hat "Immeln" mit seiner grau-weißen Fassade auch nichts zu tun. Ein Lokalpolitiker spottete: Die Gebäude sähen aus wie "Baracken, in die man zwei Löcher reingestemmt hat". Mit dem einen Loch hat er wohl das einzige winzige Fenster an der Seitenwand des Hauses gemeint. Andere spotten über den "Hasenstall".

"Unser Angebot richtet sich vor allem an junge Familien", sagt Mühlbauer. Durch die Haustür führt der Bauherr direkt in die Zwölf-Quadratmeter-Küche. Im Katalog steht: "Wie du die Küche einrichtest, bleibt dir überlassen. Aber wir haben einige gute Lösungen vorbereitet." Das Induktionskochfeld für 699 Euro zum Beispiel. Und es gibt weitere "Inneneinrichtungspakete".

Das Wohnzimmer, 21 Quadratmeter groß, kann durch eine Trennwand geteilt werden. Die Architekten haben darauf geachtet, dass die Trennwand genauso breit ist, dass ein Wandregal aus dem Ikea-Katalog davor passt. Zwei fensterlose Badezimmer gibt es, wer hier künftig baden will, kann immerhin zwischen drei Bodenfliesenarten wählen: schwarz, dunkelgrau und mocca. Ein Keller fehlt, dafür gibt es einen Abstellraum unter der Treppe. Für Extrageld bekommt man Parkett statt Laminat - so viel Individualität darf sein.

Im Obergeschoss gibt es drei Zimmer - eins mit 14 Quadratmetern, zwei mit je zehn. Den Ankleideraum zeigen die Ikea-Leute besonders gern. Weil der Kleiderschrank aus dem Katalog exakt hineinpasst. In dem einen Kinderzimmerchen steht schon mal das Schaukelpferd "Ekoree", in dem anderen ein Bettchen, das mehr als 400 Euro kostet. Für Wärme soll später ein eigenes Blockheizkraftwerk sorgen, das auch Strom produziert. "Oben in dem kleinen Zimmer könnte Opa wohnen", sagt Konrad Eis, der später das Musterhaus begutachtet und sich für ein Ikea-Haus in Wiesbaden interessiert. Er findet es besonders gut, dass das Grundstück im Preis mit drin ist. Die Einrichtung des Musterhauses würde Eis am liebsten übernehmen. Eine junge Mutter, mit ihrem Kind unterwegs, sagt: "Das Haus ist schön, aber der Preis ist schon heftig."

Ab Mitte April können sich Interessenten für die Projekte in Offenbach und Wiesbaden bei Ikea bewerben. Für Hamburg gibt es noch keine Fristen. Weil der Andrang angeblich groß sein wird, wollen Mühlbauer und seine Leute das Los darüber entscheiden lassen. Darüber, wer sich eine Ikea-Wohnung kaufen darf.