Die Zahl der Neuwagenkäufe bricht ein. Der zweitgrößte Autohändler Norddeutschlands steht vor der Pleite.

Hamburg. Der zweitgrößte Autohändler Norddeutschlands steht vor der Pleite: Die Lübecker Kittner-Gruppe muss nach eigenen Angaben voraussichtlich morgen Insolvenz anmelden. Damit sind 1250 Arbeitsplätze an 30 Standorten unter anderem bei Travag in Bad Oldesloe und Bad Segeberg in Gefahr. Kittner verkauft vor allem die Marken Volkswagen und Audi.

In einem Insolvenzverfahren sieht die Geschäftsführung "die beste Möglichkeit, um das Unternehmen auf gesunder Basis neu aufzustellen". Fehlentscheidungen des früheren Managements schon vor Jahren hätten wesentlich zu den aktuellen Problemen beigetragen, sagte ein Firmensprecher dem Abendblatt. Doch ausbleibende Umsätze nach dem Ende der Abwrackprämie brachten offenbar das Fass zum Überlaufen.

Die Insolvenz von Kittner könnte Beginn eines noch nie da gewesenen Händlersterbens sein. Nach den staatlich geförderten Neuwagenkäufen in den ersten acht Monaten des Jahres brechen die Zulassungszahlen nun ein. Mit "ruinösen Rabattschlachten" versuche sich die Branche gegen den Abschwung zu stemmen, sagte Uwe Röhrig, Leiter der Berliner Beratungsfirma International Car Concept, dem Abendblatt. Die Folge: "In den nächsten zwei Jahren dürften Schätzungen zufolge 4000 bis 6000 Autohändler vom Markt verschwinden." Und dies nicht nur wegen der Misere in den Verkaufsräumen, so Röhrig: "Weil durch die Prämie so viele alte Wagen aus dem Verkehr gezogen wurden, haben auch die Werkstätten erheblich weniger potenzielle Kunden."

Eine Pleitewelle bei Autohäusern erwartet auch Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) in Nürtingen. "Schon in diesem Jahr dürfte die Zahl der Insolvenzen mit 720 Fällen nach 600 im Vorjahr einen neuen Rekordstand erreichen", sagte Diez dem Abendblatt. Denn über die Abwrackprämie seien vor allem kleine Autos verkauft worden, an denen Händler nicht viel verdienten. "Die Welle der Insolvenzen wird sich mit Sicherheit im nächsten Jahr fortsetzen", meint Diez. Er geht davon aus, dass die Zahl der Neuzulassungen dann von 3,8 Millionen im Jahr 2009 auf nur noch 2,9 Millionen sinken wird.