Mitarbeiter wurden von Aussperrung völlig überrascht. Der Betriebsratschef will das Arbeitsgericht einschalten.

Hamburg. Auf einmal war er da, der hohe Bauzaun: In einer Nacht- und Nebelaktion hat der Autozulieferer Kolbenschmidt Pierburg am Wochenende sein Hamburger Werk endgültig geschlossen und postwendend mit der Demontage von Produktionsanlagen in Bahrenfeld begonnen. Kolbenschmidt engagierte extra einen Sicherheitsdienst. Der ging so gründlich vor, dass gestern Morgen keiner der zuletzt 188 Beschäftigten Zugang zu dem abgeriegelten Werk und damit zu seinem Arbeitsplatz fand.

Sogar der Betriebsrat wurde ausgesperrt und konnte erst nach Verhandlungen mit der Geschäftsleitung durchsetzen, dass er auf das Gelände darf. "Wir dürfen die Produktionshalle aber nicht mehr betreten, sondern nur noch das Betriebsratsbüro", sagte Betriebsratschef Ibrahim Solak dem Abendblatt. "Wir sollen bei der Demontage der Anlagen nicht stören." Solak kritisierte die Abriegelung des Werks als völlig überraschend und "überfallartig". Nach seinen Angaben verließen gestern schon mehrere, mit Maschinen beladene Lkw das Hamburger Unternehmen.

Um die Fabrik wird bereits seit Monaten gerungen. Erst kürzlich hatte Kolbenschmidt die beabsichtigte Schließung des Standortes bestätigt. Sie sollte allerdings erst zum Jahresende erfolgen. Der zur Rheinmetall-Gruppe gehörende Konzern will die Kolben, die er für die Autoindustrie fertigt, künftig am Hauptstandort in Neckarsulm produzieren - mit den Maschinen aus Hamburg.

Solak will sich nun mit einer einstweiligen Verfügung Zutritt zu der Bahrenfelder Produktion verschaffen. "Wir wollen sehen, was abgebaut wird. Wir wenden uns ans Arbeitsgericht. Was hier geschieht, widerspricht dem Mitbestimmungsgesetz", sagte er. Gleichzeitig forderten der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall das Kolbenschmidt-Management auf, unverzüglich mit Verhandlungen über einen Sozialplan zu beginnen. "Bisher hat das Unternehmen die Aufnahme von Gesprächen abgelehnt", so Solak.

Kolbenschmidt-Sprecher Folke Heyer sprach gestern dagegen nicht von 188, sondern nur noch von 146 betroffenen Beschäftigten in Bahrenfeld. Das Unternehmen erwarte wegen der schwachen Auftragslage in Hamburg "künftig weitere Verluste in Millionenhöhe". Eine tragfähige wirtschaftliche Geschäftsgrundlage für das Werk sei daher nicht mehr gegeben, verteidigte Heyer die Aktion. Die Produktionslinie, die jetzt in Hamburg abgebaut wird, werde am Hauptstandort gebraucht.