Überall Sorgen im deutschen Schiffbau. Überall? Eine kleine Werft in Rostock schafft jetzt die Wende - mit einem neuen Besitzer.

Hamburg/Rostock. Es ist der Hamburger Kaufmann Heiner Tamsen, der jetzt in den deutschen Schiffbau einsteigt. "Boote waren schon immer eine meiner drei Leidenschaften", sagte Tamsen gestern dem Abendblatt. Das Fliegen und die weltweiten Luxusautomarken sind die beiden anderen. Mit kaum 20 und einem gelben Porsche 911, den er in den USA verkaufen will, beginnt Tamsens Karriere. Als er sein Geschäft 2005 an die Penske Autor Motor Group in den USA verkauft, gilt er als erfolgreichster Luxusautohändler weltweit. Zumal er sechs Nobelmarken von Bentley über Ferrari, Rolls-Royce, Maserati, Lamborghini bis zu Aston Martin anbietet. Zudem fliegt er für Hapag-Lloyd Charterjets bis hin zur Boeing 737 - und privat ist er auch heute noch über den Wolken unterwegs.

Jetzt also Schiffbau mit zunächst 67 Beschäftigten und sieben Auszubildenden, die übernommen werden. Ziel: Innerhalb der nächsten drei Jahre einen 52 Meter langen neuen Yachttyp nach eigenen Vorstellungen zu entwickeln und fertigzustellen. Schon im kommenden Jahr soll mit dem Bau begonnen werden. Erfahrungen kann Tamsen bereits vorweisen. Schließlich hat er vier 41 Meter lange, ebenfalls selbst entworfene Yachten verkauft, die auf einer Werft in Antalya gebaut werden. Dort hält der Unternehmer eine Minderheitsbeteiligung. "Diese Schiffe werden auch weiter in der Türkei entstehen", sagt der Unternehmer.

In Rostock setzt er bis zum Anlauf der Yachtproduktion auch auf das Fräsen von Kunststoffen - etwa für Rotorköpfe für die Windenergiebranche sowie maritime Reparaturaufträge. Dieses Standbein hat Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann neu belebt. Kunden sind Minensucher der Deutschen Marine oder auch die Kreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. "Seit der Eröffnung der Insolvenz im Februar haben wir Gewinn erzielt und eine Million Euro Bargeld auf dem Konto", sagte Brinkmann dem Abendblatt. "Die Werft ist über den Berg."

Um nun auch in Deutschland Schiffe bauen zu können, dürfte Tamsen einen zweistelligen Millionenbetrag investiert haben. Immerhin können in den Hallen des Unternehmens Yachten bis zu 70 Meter gebaut werden. "Die Werft war kein Schnäppchen", sagt Tamsen, der sich gegen zwei andere Bewerber durchsetzte. Damit zufrieden sind auch die Arbeitnehmer. "Tamsens Konzept geht auf", freute sich gestern Betriebsrat Roland Bauer. Positiv bewertet er die Ausrichtung des Betriebes auf mehrere Säulen über den Yachtbau hinaus. "Wir wollen jetzt die Arbeitsplätze sichern", verspricht der neue Chef. Der künftige Alleininhaber sucht zudem einen Geschäftsführer für die Werft. "Branchenerfahrung ist Voraussetzung", sagt Tamsen - als Ergänzung für seine Leidenschaft.