Verkehrsminister fordert: Konzerne sollen Erhöhungen vorher ankündigen und Spritpreise 24 Stunden nicht verändern

Hamburg. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will Konsequenzen aus dem neuen Gutachten des Bundeskartellamts zum Tankstellenmarkt ziehen und die Spritanbieter stärker regulieren. Das könne bedeuten, dass die Betreiber Erhöhungen von Benzinpreisen künftig vorher ankündigen müssen: "Der Gesetzgeber muss versuchen, die Verbraucher vor willkürlicher Preismanipulation marktbeherrschender Ölfirmen zu schützen", sagte Ramsauer der "Bild"-Zeitung. "Wenn ein Ölmulti den höheren Preis vorher ankündigen muss und ihn dann 24 Stunden nicht mehr verändern darf, wissen die Autofahrer, woran sie sind."

Das Bundeskartellamt hatte nach der Auswertung mehrjähriger Marktbeobachtungen dokumentiert, dass ein Oligopol der fünf größten Anbieter den Markt beherrscht. In der Regel gehe ein Anbieter mit Preiserhöhungen voran, die anderen folgten unverzüglich nach, heißt es in der Studie, die in der vergangenen Woche veröffentlicht worden war. Das gelte auch bei Preissenkungen. Direkte Preisabsprachen seien aufgrund der Transparenz bei den Benzinpreisen nicht nötig. Mit seinen Vorschlägen orientiert sich Ramsauer an gesetzlichen Regelungen in Australien. "Der Domino-Effekt, einer erhöht mehrfach pro Tag und die anderen ziehen nach, wäre durchbrochen", sagte der Minister. Ein Sprecher seines Ministeriums ergänzte, dass es auch zu Zurückhaltung führen dürfte, wenn die Konzerne gezwungen wären, ihre Erhöhungen anzukündigen.

Die Einschätzungen von Experten zu diesen Überlegungen gehen aber weit auseinander. In Österreich gibt es seit 2009 eine Pflicht für die Tankstellenbetreiber, sich bei Preiserhöhungen einmal am Tag festzulegen. Als Stichpunkt gilt seit Anfang dieses Jahres zwölf Uhr mittags. "Gegenüber den extremen Preisausschlägen, die es früher gab, hat sich der Markt dadurch beruhigt", sagte Martin Grasslober, Verkehrsexperte beim österreichischen Automobilklub ÖAMTC. Weitere Transparenz für die Verbraucher erhofft sich der ÖAMTC von der Einführung einer nationalen Datenbank, in der die Autofahrer per Internet die Preisverläufe aller Tankstellen in Österreich für einen bestimmten Zeitraum nachvollziehen können. Diese Datenbank soll nach Vorstellung der Regierung Mitte August an den Start gehen.

Kritisch sieht Rainer Wiek vom Energie Informationsdienst (EID) in Hamburg die Überlegungen Ramsauers. "Aus mehr staatlicher Regulierung des Marktes dürften am Ende höhere Preise an den Tankstellen resultieren", sagte Wiek dem Abendblatt. "Weniger Schwankungen bei den Preisen bedeuten auch, dass die schwankenden Beschaffungspreise der Anbieter weniger stark berücksichtigt werden." Höhere Preise bei einer geringeren Zahl von Schwankungen an den Preistafeln der Stationen seien unter anderem aus Italien oder Dänemark bekannt.

Wiek verwies darauf, dass auch die hohen Steuern auf die Benzin- und Dieselpreise in Deutschland Teil der hohen Endpreise seien. "Wir haben uns unsere Spritpreise hier im Land ja letztlich selbst gemacht", sagte er. Die gängige These, wonach die Tankstellenbetreiber die Autofahrer in Deutschland "abzocken", teilt Wiek nicht. Die Gewinnspannen beim Benzin in Deutschland seien nach den ihm bekannten unabhängigen Erhebungen "eng", beim Diesel "etwas besser".

Wettbewerbsexperten kritisierten unterdessen das Bundeskartellamt: "Es wäre eher besorgniserregend, wenn die Tankstellen die Preise der Konkurrenz nicht beobachten würden und ihre eigenen Preise völlig losgelöst davon festlegten", sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap der "Welt am Sonntag". Diese Einschätzung teilt auch der frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Wernhard Möschel: "Die Vorwürfe des Kartellamts sind ziemlicher Unfug. Auf die Preise der Konkurrenz zu achten, ist ganz normales wettbewerbliches Verhalten."