Martin Grasslober, 27, ist Verkehrsexperte beim österreichischen Automobilklub ÖAMTC

Hamburger Abendblatt:

1. Herr Grasslober, in Österreich dürfen die Benzinpreise seit einiger Zeit nur noch einmal am Tag erhöht werden. Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Regelung gemacht?

Martin Grasslober:

Der Gesetzgeber hat damit 2009 auf die extremen Preisausschläge am Tankstellenmarkt in Österreich reagiert. Anfangs konnten die Tankstellen ihre Preise für den Tag zwischen Mitternacht und 8 Uhr festsetzen. Seit Beginn dieses Jahres gilt der Stichpunkt 12 Uhr mittags. Die Kunden an den Tankstellen wissen somit jetzt, wann das Benzin am günstigsten ist - kurz vor Mittag.

2. Ist diese Regelung aus Ihrer Sicht auch ein Vorbild für den deutschen Tankstellenmarkt?

Grasslober:

Zumindest schafft sie mehr Verlässlichkeit bei der Preisbildung, als das zuvor der Fall war. Es gibt aber auch dabei Nachteile: Die wenigsten Autofahrer haben kurz vor Mittag Zeit zum Tanken, wenn der Preis tendenziell am niedrigsten ist.

3. Was wäre die Idealvorstellung Ihres Verbandes für die Preisbildung am Tankstellenmarkt?

Grasslober:

Wir hätten gern nur einen Preis je Tag gehabt. Das lässt allerdings das Gesetz nicht zu, Preissenkungen müssen im Lauf des Tages weiter möglich bleiben. So bröckeln dann die Preise nach der täglichen Festlegung in der Regel wieder ab.

4. Reicht das aus, um die Marktmacht der Benzinanbieter wirksam einzudämmen?

Grasslober:

Einen entscheidenden Fortschritt soll die Einführung einer Datenbank bringen, die per Internet nutzbar ist. Die Tankstellenbetreiber müssen dort alle Preisanhebungen und -senkungen für einen bestimmten Zeitraum dokumentieren. Das bringt den Verbrauchern noch einmal erheblich mehr Transparenz über die Preisgestaltung bestimmter Stationen im Zeitverlauf. Die Regierung plant die Einführung für Mitte August. Wir bieten einen solchen Service unseren Mitgliedern bereits seit zehn Jahren an, mittlerweile auch über das Mobiltelefon. Die Erhebungen basieren im Wesentlichen auf freiwilligen Eintragungen der ÖAMTC-Mitglieder. Das ist ein großer Erfolg.

5. Das klingt so, als sei Österreich auf dem Weg, ein Tank-Paradies zu werden.

Grasslober:

Das, was bislang umgesetzt wurde und noch ansteht, ist sicher ein großer Fortschritt gegenüber den früheren Verhältnissen am Tankstellenmarkt in Österreich. Die neue Datenbank muss allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Sie muss jederzeit schnell zugänglich sein, auch über Mobiltelefone, und eine große Zahl von Stationen erfassen. Grundsätzlich ärgern sich auch die Autofahrer in Österreich, wie in Deutschland, über sehr hohe und ständig steigende Spritpreise.