Berlin. Am Freitag erscheint das zweite Album von Jan Josef Liefers und seiner Band Radio Doria. In den Songs erzählt Liefers aus seinem Leben.

Das zweite Album ist immer das schwerste – soweit das Klischee. Dass das auch gilt, wenn eine Band bereits seit über zehn Jahren gemeinsam Musik macht, sich dann umbenennt und die Zeitrechnung eigentlich nur auf dem Papier neu beginnt, mussten jetzt Jan Josef Liefers und Radio Doria erfahren. „Das erste Album hatte ich einfacher in Erinnerung“, so der 53-Jährige bei einer ersten Hörprobe zu „2 Seiten“ in Berlin.

Drei Jahre haben sich Frontmann und Sänger Liefers, die Gitarristen Johann Weiß und Jens Nickel, Keyboarder Gunter Papperitz, Bassist Christian Adameit und Drummer ­Timon Fenner seit dem Debüt „Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“ Zeit gelassen. Mit einer herkömmlichen Schreibblockade habe das allerdings nichts zu tun gehabt, beteuert der „Tatort“-Kommissar.

Platte mit Sitar- und Darbuka-Klängen

„2 Seiten“ heißt das neue Album von Schauspieler und Musiker Jan Josef Liefers und seiner Band Radio Doria.
„2 Seiten“ heißt das neue Album von Schauspieler und Musiker Jan Josef Liefers und seiner Band Radio Doria. © dpa

Ein Gefühl von Weltschmerz habe ihn in den vergangenen Jahren angesichts von Flüchtlingskrise, Terroranschlägen und Erstarken der rechtspopulistischen AfD befallen. „Wie soll man denn da ein Lied schreiben?“, fragte er sich und machte sich auf die Suche nach Alternativen. Politische Lieder? „Das hatte ich als Kind der DDR zu Genüge.“ Und auch das Hineindenken in eine andere Zeit wollte einfach nicht gelingen. Die Lösung fanden Radio Doria in der Ferne. „Wenn der Islam das neue Feindbild ist, dann fahren wir nach Teheran“, erklärt Liefers den Plan, bevor er den ersten Song „Eigentlich“ anstimmt: Sich in eine Situation bringen, in der man selber einmal der Fremde ist und so den Knoten im Kopf via ­Horizonterweiterung lösen.

Herausgekommen ist eine Platte mit Sitar- und Darbuka-Klängen und Songs, in denen Jan Josef Liefers aus seinem Leben erzählt. So ist mit „Das weiße Haus“ die Datscha der Familie seiner ersten Frau in den Wäldern außerhalb von Moskau gemeint. Kurz nach der Geburt seiner ältesten Tochter Paulina habe er dort viel Zeit verbracht und angesichts eines überwucherten Gartens den ordnungsliebenden Deutschen in sich entdeckt. Mit einer Sense bewaffnet machte sich der junge Vater an die Rodung des Grundstückes und wurde dabei – teils belustigt, teils interessiert – von den Dorfbewohnern beäugt und mit Proviant versorgt.

Das Beste verdankt er Frauen

„Die Russen denken immer, die Deutschen kriegen alles gebacken, dafür haben sie das Herz und die Seele“, erinnert sich Liefers. „Das war für mich das passende Bild dazu, beides schwappte in diesem Moment ein wenig aufeinander über.“

„Jeder meiner Fehler“ hat Jan Josef Liefers den Frauen in seinem Leben gewidmet. „Als Mann ist man gut beraten, wenn man irgendwann in seinem Leben ein Lied schreibt, mit dem man sich entschuldigen kann“, sagt er. Schließlich habe er das Beste in seinem Leben Frauen zu verdanken. Von welchen Fehlern das Stück handelt, lässt er lieber im Dunkeln. Fakt ist: Der Schauspieler ist seit 2004 mit seiner Kollegin Anna Loos verheiratet, mit der er zwei Töchter hat. Auch mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin, Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer, hat er einen Sohn.

Reinhard Mey nahm mit Liefers auf

Besonders am Herzen liegt Liefers „Nie egal“, ein Duett mit Reinhard Mey. Den Liedermacher verehre er, seit seine Oma ihm aus dem Westen dessen Platten mitgebracht habe, so der Berliner. Schon beim Schreiben habe er den kühnen Wunsch gehegt, das Lied gemeinsam zu singen. Also schickte er dem 74-Jährigen eine Demoversion und bekam zunächst nur eine Antwort von dessen Frau. Mey sei gerade joggen. Dass sein Idol nur kurze Zeit später – noch ungeduscht und in Sportklamotten – tatsächlich zusagte, kann Liefers bis heute kaum fassen. „Es ist so krass, dass er das macht“, sagt er. Den Rest des Albums haben Radio Doria in Rotenburg an der Fulda eingespielt. „Sie wissen schon, Menschenfresser-City“, sagt Liefers und lacht.

Überhaupt habe die Band versucht, sich bei der Produktion ihres Zweitwerks nicht allzu ernst zu nehmen. Leicht und entspannt solle das Album sein. Ganz ohne Politik kommen die Musiker am Ende dann aber doch nicht aus. Im Titelsong „2 Seiten“ ist der Gesang eines syrischen Musikers zu hören. „2 Seiten“ erscheint am 1. September. Im Anschluss geht Radio Doria dann auf Tour. Bei ersten Konzerten und beim familiären Testpublikum sei die Platte positiv aufgenommen worden. „Deep, Papa. Richtig deep“, so das Urteil von Liefers 14-jähriger Tochter.