Er gilt als der Grand-Prix-Veteran, aber jetzt musste Produzent Ralph Siegel eine bittere Niederlage einstecken. Das diesjährige Finale des Eurovision Song Contest wird ohne ihn stattfinden.

Moskau. Sonnabend ist der große Tag des Eurosvision Song Contest. Dann werden wieder Teilnehmer aus 25 verschiedenen Ländern gegeneinander antreten und um die Wette trällern. Stattfinden wird das Ganze dieses Jahr in der russischen Hauptstadt Moskau. Um jedoch die Crème de la Crème der vielen Bewerber für den Grand Prix auszusieben, fand gestern die erste der beiden Qualifikationsrunden statt. 18 Kandidaten traten an, zehn Teilnehmer konnten sich schließlich durchsetzen.

Am Ende überzeugte beim ersten ESC-Halbfinale in der russischen Hauptstadt ein Mix aus soliden Disco-Nummern, Balladen und Hymnen. Insbesondere der türkische Bauchtanz-Pop und der schwedische Opernrock konnten beim Vorentscheid besonderns hoch punkten. „Ich danke allen, die an unser Land glauben“, sagte die gesundheitlich leicht angeschlagene Sängerin Hadise. Zusätzlich qualifizierten sich Israel, Portugal, Malta, Finnland, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Armenien und Island.

Für den größten Aufreger des Abends sorgte Grand-Prix-Veteran Ralph Siegel, der in den vergangenen Jahren immer wieder versuchte, durch den Contest einen neuen Star zu vermarkten und an seinen Grand Prix-Sieg von 1982 anzuknüpfen. Damals hatte er mit Nicole und "Ein bißchen Frieden" die Trophäe für Deutschland geholt. Dieses Jahr musste er jedoch eine bittere Niederlage einstecken, da er mit seinem Lied „Just Get Out Of My Life“ für Andrea Demirovic aus Montenegro schon beim Vorentscheid scheiterte. Ironie des Schicksals: Siegel schied als Komponist der Dschingis-Khan-Hits „Moskau“ und „Dschingis Khan“ (Grand-Prix-Song 1979) nun ausgerechnet in der russischen Hauptstadt aus.

Neben Montenegro mussten Teilnehmer aus weiteren sieben Ländern am Mittwoch ihre Koffer packen: die Tschechen mit ihrer Klamauknummer von der Band Gipsy.cz und die Schweizer mit der Indie-Band Lovebugs. Auch Belgiens Elvis-Presley-Verschnitt Copycat und die Weißrussen mit dem Glamrocker Pjotr Elfimow scheiterten an der Zuschauergunst. Bulgarien brach mit der Stelzennummer „Illusion“ von Krassimir Avramov ein. Susanne Georgi aus Andorra verpasste mit ihrem Gute-Laune-Lied ebenso den Einzug wie Mazedoniens Band Next Time.

Insgesamt nehmen diesmal 42 Nationen an dem größten Musikwettbewerb der Welt teil. Georgien musste wegen des gegen Russlands Regierungschef Wladimir Putin gerichteten Liedes „We Don't Wanna Put In“ vom ESC zurücktreten.

Überglücklich strahlte das jüdisch-arabische Duo Noa & Mira Awad, das mit dem ruhigem Song „There Must Be Another Way“ für eine Versöhnung im Nahen Osten wirbt. „Wir stehen für diejenigen, denen Dialog wichtiger ist als Gewalt“, sagte Mira Awad.

Aus der Kaukasusrepublik Armenien überraschte das in blauen Prunkkleidern singende Duo Inga & Anush mit dem Ethno-Popsong „Jan Jan“. Die Isländerin Yohanna (“Is It True?“) und die Powerstimme von Chiara aus Malta (“What If We“) begeisterten das Publikum mit Balladen.

Aus Finnland kommen in diesem Jahr die Waldo's People (“Lose Control“) mit wildem Stampfpop und Rap im Stile eines DJ Bobo sowie fackelschwingenden Feuertänzern, aus Portugal Flor-de-Lis mit einem blumigen Sommerlied und aus Rumänien die Sängerin Elena mit ihrer Tanznummer „The Balkan Girls“. Bosnien-Herzegowina schaffte mit der schrägen Soldatenhymne „Bistra Voda“ der Band Regina den Einzug ins Finale.

Das deutsche Popduo Alex Swings Oscar Sings mit dem Titel „Miss Kiss Kiss Bang“ steht bereits fest für den Endausscheid. Alex Christensen und Oscar Loya erwarten eine Platzierung im „ersten Drittel“, nachdem die No Angels im vergangenen Jahr für Deutschland auf dem letzten Platz landeten. Auch die Interpreten Spaniens, Frankreichs, Großbritanniens und des Gastgebers Russland müssen sich laut den ESC-Spielregeln nicht mehr qualifizieren, da sie die gößten Geldgeber der Veranstaltung sind. Frankreich wartet mit dem Star Patricia Kaas auf, Großbritannien mit dem Musicalkönig Andrew Lloyd Webber als Pianist für die junge Sängerin Jade Ewen.

Das russische Staatsfernsehen hatte die Olympiahalle in Moskau am Dienstag in ein fantastisches Märchenland verwandelt und die Show live übertragen. Für Befremden sorgte beim westlichen Publikum allerdings ein Auftritt des Alexandrow-Chors der Roten Armee, der zum Ende ein Medley aus sowjetischen Liedern vortrug. Als Dekoration dienten eine Panzer- und eine Kampfflugzeugattrappe. Mit den Rotarmisten traten in dem Kontrastprogramm auch Russlands Skandal-Duo t.A.T.u. sowie mehrere Hip-Hop-Tänzer und kaukasische Säbeltänzer auf.

Russland hatte angekündigt, für rund 30 Millionen Euro den aufwendigsten Grand Prix der mehr als 50-jährigen Geschichte des Musikwettbewerbs zu inszenieren. Das Publikum wählte die Sieger am frühen Morgen über Televoting. Zum Finale kommen dann neben der Publikumsabstimmung erstmals wieder flächendeckend Länder-Jurys zum Einsatz, deren Urteil zu 50 Prozent in die Gesamtwertung einfließt.