Hamburg. Hamburg gegen die Region: Bei Kita-, Abwasser- und Müllgebühren steht die Hansestadt gut da. Sie bleibt aber Spitzenreiter bei Grundsteuer und Gewerbesteuer

120 Euro Hundesteuer in Glinde, 60 Euro in Oststeinbek, 90 Euro in Hamburg: willkommen in der bunten Gebührenrepublik Deutschland. Wer sich einmal die Mühe macht, Preise für lebenswichtige Leistungen und Hebesätze für zwangsläufig zu zahlende Steuern zu vergleichen, der erfährt erst so richtig deutlich, was bei einer Autofahrt durch die Metropolregion nicht zu spüren ist: Jedes Dorf hat seine eigenen Satzungen, Bestimmungen und Regelungen. Und jeder zieht damit auch eine Grenze zum Nachbarn. Und so kommt es dann, dass in Glinde im Kreis Stormarn die Hundesteuer doppelt so hoch ist wie in der Nachbargemeinde Oststeinbek. Und dass sie dort wiederum um ein Drittel unter dem Betrag liegt, den der Nachbar Hamburg verlangt.

Die große Gebührentabelle des Abendblatts offenbart einige überraschende Differenzen. Am gravierendsten sind aber die Unterschiede bei der Kinderbetreuung. 35 Euro müssen Eltern in Hamburg zahlen, wenn sie ihr drei- bis sechsjähriges Kind täglich für acht Stunden in der Kita betreuen lassen wollen und ein Haushaltseinkommen von 2100 Euro netto im Monat haben. Eine vergleichbare Familie zahlt überall im Umland erheblich mehr Geld. Mit einem Umzug nach Hamburg können deshalb jährlich ein paar Tausend Euro eingespart werden.

Diese Gebührenhürde, die beim Umzug ins Umland beachtet werden muss, gibt es noch nicht lange. Erst vor gut zwei Jahren, im August 2014, ist Hamburg auf die Kostenlos-Kita umgestiegen: Fünf tägliche Betreuungsstunden gibt es für alle zum Nulltarif, für acht Stunden muss ab einem bestimmten Einkommen eine relativ geringe Gebühr gezahlt werden. Das hat seinen Preis: 662,9 Millionen Euro wird Hamburg in diesem Jahr für seinen Kita-Bereich ausgeben.

Beim nördlichen Nachbarn in Schleswig-Holstein guckt man durchaus neidisch auf die soziale Errungenschaft der Kostenlos-Kita – und zwar quer durch alle Fraktionen. Gut möglich, dass die Betreuungskosten zum bestimmenden Thema des Wahlkampfs werden. In Schleswig-Holstein wird am 7. Mai ein neuer Landtag gewählt. Zum Jahresbeginn 2017 gibt es immerhin 100 Euro pro Monat für die Betreuung von bis zu Dreijährigen. Schleswig-Holsteins Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) sagt dazu: „Mittelfristig streben wir in den kommenden Jahren Beitragsfreiheit für Kitas und die vollständige Entlastung der Eltern an.“

Bei anderen Gebühren sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land deutlich weniger stark ausgeprägt. Für die Müllabfuhr muss man in Hamburg jährlich nur etwa 30 Euro mehr ausgeben als im Kreis Pinneberg. Beim Wasser sieht es etwas anders aus. Ein Jahresverbrauch von 170 Kubikmetern kostet in Hamburg 378,51 Euro, in Stelle aber nur 160,60 Euro. Für Abwasser (170 Kubikmeter im Jahr) zahlt man in Itzstedt 577,40 Euro, in Ahrensburg aber nur 272 Euro. Hamburg liegt da im unteren Drittel: 355,30 Euro.

Dabei gibt es für jeden Preis natürlich eine gute Erklärung. So ist die Abwassergebühr in Itzstedt deshalb so hoch, weil die Gemeinde im Kreis Segeberg vor mehr als 20 Jahren PVC-Rohre verlegt hat, um das Schmutzwasser zu entsorgen. „Die Kunststoffrohre waren damals günstiger als Leitungen aus Beton“, sagt Kämmerer Manuel Plöger. Aber auch kurzlebiger und reparaturanfälliger. Außerdem haben die Itzstedter ein Vakuum-Pumpen-System installiert, um das Wasser wegzusaugen. Auch die Pumpentechnik ist anfällig. Die Reparaturkosten werden auf die Gebührenzahler umgelegt. Weitsichtiger Planung haben die Ahrensburger ihre relativ niedrige Abwassergebühr zu verdanken. 272 Euro – von den größeren Kommunen ist nur Winsen günstiger. Henning Wachholz, Leiter der Stadtbetriebe Ahrensburg, sagt dazu: „Die Erweiterung der Kläranlage in den Neunzigerjahren hat sich als zukunftsweisend herausgestellt.“ Seitdem hätten die Stadtbetriebe nicht in Erweiterungen investieren müssen. Zudem wird frühzeitig investiert, wenn damit ein Kostenvorteil verbunden ist. Wachholz: „Beispielsweise ersetzen wir Pumpen, obwohl sie noch funktionieren, falls neue Modelle einen günstigeren Energieverbrauch haben und sich damit nach kürzester Zeit rechnen.“

Bei den Steuern übt auch das Kieler Innenministerium Druck aus. Verschuldete Kommunen werden angehalten, ihre Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Pinneberg ist hoch verschuldet – und hat deshalb einen Hundesteuer von 120 Euro.

Endlich aufhören mit dem Pendeln und in die Stadt ziehen? Endlich aus dem Gedränge raus und ein Häuschen auf dem Dorf suchen? In vielen Familien wird über diese Fragen immer wieder debattiert. Aber was kostet das eigentlich? Die große Gebührentabelle des Hamburger Abendblatts gibt da eine Orientierung. Aber sie zeigt auch, dass es in der Metropolregion Hamburg eine verwirrende und hochkomplexe Vielfalt an Satzungen und Bestimmungen für die ganz einfachen Dinge des Lebens gibt: zum Beispiel für Wasser, Müllabfuhr und Kindergärten.

Mitarbeit: Dorothea Benedikt, Anne Dewitz, Michael Schick, Christiane Tauer