Auf Heinz Erhardt berufen sich viele Spaßvögel, die mit mehr oder weniger guten Witzen ihr Geld verdienen. Wir stellen einige Künstler vor, die den Humor ihres Vorbildes verstanden haben, und sein Wirken - bewusst oder nicht - fortschreiben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Wortspieler - nicht nur für Bayern Er ist ein "Aloneunderholder" im besten Sinn. Eine Gitarre, eine Kopfbedeckung (siehe Foto), Assoziationsvermögen und eine lose Zunge - so kommt Willy Astor auf Tour(en). Seit 25 Jahren ist der gelernte Werkzeugmacher und studierte Maschinenbauer kreativer Teil der bayrischen Kleinkunstszene - mit einer auch nördlich des Weißwurst-Äquators stetig wachsenden Fan-Gemeinde. Würde der Komponist der FC-Bayern-Hymne "Stern des Südens" nicht aus München stammen - er könnte glatt als Heinz Erhardts Sohn durchgehen: "Das Wortspiel ist mein Zuhause", sagt Astor in bester Tradition Erhardts und Fredl Fesls ("Ein Auto, das nicht fährt, das ist sein Geld nicht wert"). Und spontan kann Rap-Parodist und Kalauer-König Astor auf seiner "Reimgold"-Tournee auch sein, wie im November in den Fliegenden Bauten zu erleben war: "Sie sind echt Schwerin Ordnung", schmeichelte er einem Paar aus Mecklenburgs Landeshauptstadt - um am nächsten Abend unverhofft mit Publikumsgast Otto Waalkes ein Duett zu spielen ...

Politischer als viele wollten Sein Geburts- ist das Sterbejahr Heinz Erhardts. Insofern hatte Florian Schroeder, heute einer der deutschen Jungkabarettisten mit gleich zwei Fernsehsendungen ("Seitensprung" auf 3sat, "Schroeder"/SWR), zunächst keinen Draht zum populären deutschen Komiker. Das änderte sich, als Schroeder, der schon als 14-Jähriger in "Schmidteinander" mit Parodien auf Kohl und Blüm sein TV-Debüt gab, mit den älteren Kollegen Günter Fortmeier, Frank Sauer und Volkmar Staub tourte. "Heinz" hieß ihr Erhardt-Programm, das seinen Ursprung in der Freiburger Fastnacht hatte. "Erhardt hat in Understatement gemacht, er war der erste deutsche Trash-Comedian, der das Wortspiel um seiner selbst willen betrieben hat", meint Schroeder. Er stieg 2005 nach vier Jahren und legendären Nummern wie der "Doppel-Conference" aus - er wollte politisches Kabarett machen. Schroeder: "All diejenigen, die Heinz Erhardt großartig fanden, dürften eigentlich keinen der heutigen Stand-up-Comedians gut finden."

Zyniker diesseits der Geschmacksgrenze In der Schule war er der Klassenclown, der Heinz Erhardt und Loriot imitierte. Harald Schmidt, 51, ehemaliger Pfadfinder und Kirchenmusiker, hat fast drei Jahrzehnte lang auf Theaterbühnen und in Fernsehformaten experimentiert, bis er machen konnte, was er wollte. Schmidt gilt als einziger akzeptabler deutscher Late-Night-Talker, der allerdings zunehmend von seinem Ruf lebt. Fernsehkritiker erhoben den Liebling des Feuilletons zur "intellektuellen Lichtgestalt". Zuletzt redeten die Kritiker jedoch mehr über die Länge seiner Haare als über die Tiefgründigkeit seiner Witze. Und auch die Episode mit Oliver Pocher hat eher Sehnsucht nach dem guten alten Schmidt geweckt: nach intelligentem, zynischen Humor ohne Rücksichten und Tabus, aber immer diesseits der Geschmacksgrenzen. In diesem Superwahljahr soll er, bald wieder als Solist, an die alte Form anknüpfen. Besonders Männer warten auf seine Sprüche wie die zum Weltfrauentag: "Wir sollten aufmerksam sein und sagen: Hey, toll geputzt!"

Verballhornung auf Ostfriesisch Otto Waalkes, junge 60, der mit seiner temporeichen, hibbeligen Bühnenpräsenz das komplette Gegenteil des eher gemütlichen, bedächtigen Heinz Erhardt darstellt, hat zu Beginn seiner Karriere gern auf Texte Erhardts zurückgegriffen. So trug er in den ersten Bühnen-Programmen eine nur leicht abgewandelte Form von dessen "Erlkönig"-Parodie vor:

Der Tag bricht an/es wird schon heller/der Vater reitet immer schneller/sie erreichen den Hof mit Müh und Not/der Knabe lebt - das Pferd ist tot .

Solche Text-Spielereien und Verballhornungen wurden denn auch Ottos Markenzeichen. Natürlich hat der Ostfriese sich frecher vorgewagt als Heinz Erhardt, aber dabei auch niemals Schwächere verletzt, sondern allemal Autoritäten veralbert.

Wenn Otto sagt: "Einen hab' ich noch", ist das doch klar entlehnt aus "Noch'n Gedicht"!

Muckelig in der Nische der leisen Töne Olli Dittrichs Karriere gleicht der von Heinz Erhardt in einem wesentlichen Punkt: Beide wollten Musiker werden. Und beide hatten erst Erfolg, als sie sich auf das komische Fach verlegten. Dittrich (52), der in Hamburg aufwuchs, schrieb 250 Songs, die keiner hören wollte. Erst an der Seite von Wigald Boning ("Die Doofen") und in der Sketch-Show "RTL Samstag Nacht" wurde er zum gefragten Entertainer. In seiner Nachrichten-Rubrik "Neues vom Spocht" präsentierte er sich als Wortakrobat in bester Heinz-Erhardt-Tradition. Er ist ein Meister der leisen Töne, der kein derbes Gegröle braucht und sich beim Grand-Prix-Auftritt mit Texas Lightning als Schlagzeuger im Hintergrund genügte. Seine Figur "Dittsche" schaut dem Volk aufs Maul - live, spontan und ohne Drehbuch ("Mein größtes Alter Ego"). Dittrich ist ein sorgfältiger Arbeiter, gar ein "Humorsoldat", wie er selbst sagte, der seine Figuren bis zur Perfektion vorbereitet. Er fühlt sich in der selbst gewählten Nische ganz wohl. 70 000 Zuschauer wie bei Mario Barth würden ihn eher schrecken.

Lachmuskeln im Kino angegriffen Rundfunk, Fernsehen, Film - das waren und sind seine Medien. Ergo hat Michael "Bully" Herbig auch ein halbes Dutzend Berufe: (Synchron-)Sprecher, Darsteller, Drehbuchautor, Produzent, Regisseur und Unternehmer. Oder schlicht: Komiker. Die Erfolgsgeschichte des gelernten Fotografen aus München ist lang - und lange noch nicht abgeschlossen. Nachdem Herbig mit seinen Karl-May- und Enterprise-Parodien 21 Millionen Deutsche in die Kinos gelockt hatte, war der Erfinder der "Bullyparade" (ProSieben) in "Mopsgeschwindigkeit" in die Top Ten der Spaßvögel geschossen. Der 20 Jahre ältere Otto ist sein Idol, aber auch Heinz Erhardt sein Vorbild. Der Jubilar drehte einst Kalauer-Komödien wie "Drillinge an Bord", Herbig ging 2004 in "(T)Raumschiff Surprise" mit seinen komischen Freunden Rick Kavanian und Christian Tramitz auf Zeitreise. Und den "Schuh des Manitu" kann sich "Bully" auch auf der Bühne anziehen: Sein erster Mega-Filmerfolg startete Ende 2008 in Berlin als Musical.

Verschmitzter Schnellsprecher Schon seine Mutter ist mit dem Versuch gescheitert, den kleinen Ralf mit einem Schnuller zum Schweigen zu bringen. "Wer viel zu sagen hat, muss schneller reden", ist ein Motto des Komikers Ralf Schmitz. "Ich bin mit meinen Sätzen meistens schon fertig, wenn die anderen noch überlegen." Der Schnellsprecher, der mit der Impro-Comedy "Schillerstraße" auf Sat.1 und als "Zwerg Sunny" im Kino populär wurde, nennt Heinz Erhardt "ein Vorbild". Dabei ist der 1,68 Meter kleine rheinische Zappelphilipp in Sachen Leibesfülle eher Gegenentwurf zum beleibt-beliebten Hamburger. Jeder Alltag ist komisch, so Schmitz: "Am meisten lache ich über das, was um mich herum passiert." Wie Heinz Erhardt. Was beim ausgebildeten Sänger, Tänzer und Schauspieler - er gehörte auch zum Improvisationstheater Die Springmaus - an den Altmeister erinnert, ist sein Wortwitz. Konsequent nennt er sein Buch "Schmitz' Katze", seine Programme "Schmitz komm raus", "Verschmitzt" und "Schmitzophren".