Berlin. Lange galt die Türkei als günstiges Ziel für Pauschalreisen. Doch dieses Jahr sind die Preise deutlich angestiegen. Was ist der Grund?

  • In der Türkei wird das Leben immer teurer: Was vor allem für Einheimische ein großes Problem ist, bekommen nun auch Urlauber immer mehr zu spüren
  • Die Türkei ist bei Deutschen besonders beliebt. Viele verbringen ihren Urlaub in dem Land
  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan steht unter enormen Druck

Die Türkei gehört zu den liebsten Urlaubsländern der Deutschen. Jedes Jahr fliegen Hunderttausende dorthin, um an den Stränden der türkischen Rivera, in Antalya oder Istanbul zu entspannen. Nicht nur das warme Wetter und die schönen Strände überzeugen – auch vergleichsweise günstige Preise sind oft ein Grund. Doch in diesem Jahr gibt es an vielen Orten einen enormen Preisanstieg.

Mit 5,7 Millionen Gästen kamen 2022 so viele Deutsche wie noch nie in die Türkei. Nach der Corona-Pandemie erfährt das Land einen Tourismusboom. Doch im Sommer 2023 sehen die Zahlen anders aus: Der erwartete Ansturm fällt schwächer aus als erwartet.

Inflation in der Türkei am explodieren

Dazu haben viele Hotels und Gastronomien ihre Preise angezogen. Grund ist die Inflation im Land, die im Juli nach Angaben des staatlichen Statistikbüros TÜIK bei 47,8 Prozent lag. Laut unabhängigen Wirtschaftsinstitut ENAGrup soll sie sogar bei 122,88 Prozent liegen. Ein Euro ist aktuell so viel Wert wie etwa 29 türkische Lira. Vor einem Jahr waren es noch 19 TL.

Durch die Wirtschaftspolitik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan explodieren die Preise. Statt in der Wirtschaftskrise auf Zinserhöhungen setzte der Präsident auf Zinssenkungen und trieb sein Land weiter in die Inflation. Experten versuchte ihn zu warnen - Erdoğan feuerte sie.

Der türkische Präsident Erdoğan hält trotz Inflation an seiner Politik fest.
Der türkische Präsident Erdoğan hält trotz Inflation an seiner Politik fest. © Adem ALTAN / AFP

Nach Angaben der STR Global, einem Anbieter von statistischen Informationen, erhöhte sich der durchschnittliche Tagespreis für Hotelzimmer in Antalya im Vergleich zum Vorjahr um ganze 37,4 Prozent auf rund 110 Euro. In der wirtschaftlichen Hochburg Istanbul beträgt der aktuelle Durchschnittspreis sogar 138 Euro. Der europäische Durchschnitt liegt nur knapp darüber, bei etwa 140 Euro.

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Leben in den Städten wird unbezahlbar

Und nicht nur Urlauber sind von den Teuerungen betroffen. Vor allem Einheimische leiden unter den steigenden Preisen. Viele können sich ihre Miete nicht mehr leisten und ziehen von der Stadt in Dörfer. Immer mehr rutschen unter die Armutsgrenze von aktuell etwa 40.000 türkischen Lira pro Monat (umgerechnet etwa 1.370 Euro). Die Metallgewerkschaft BISAM berechnete, welche Mindestausgaben eine vierköpfigen Familie für eine ausgewogene Ernährung bleiben, .

Aktuell liegt sie bei 11.525 türkischen Lira, umgerechnet etwa 395 Euro pro Monat. Dazu kommen monatliche Ausgaben für Wohnung, Kleidung und Transporte. Bei einem Mindestlohn von 15.000 türkischen Lira (umgerechnet 507 Euro) für viele nicht bezahlbar.

Besonders betroffen von den Preissteigungen sind Rentnerinnen und Rentner. Etwa ein Drittel von ihnen kriegt nicht mehr als 7,500 türkischen Lira als Rente, umgerechnet etwa 250 Euro. Sie müssen daher oft noch im Ruhestand arbeiten.

Kosten steigen in allen Bereichen

Die Kosten für Lebensmittel und Getränke haben sich teils verdoppelt. Nach Angaben der ENAGrup stiegen die Kosten für Lebensmittel und alkoholische Getränke im Juli um 14,66 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Wohnkosten stiegen um 6,05 Prozent, Hotel- und Gastronomiepreise um 9,15 Prozent. Und auch die Preise für Bus und Bahn sind um 22 Prozent teurer geworden.

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Von einer baldigen Besserung wird nicht ausgegangen. Nach Schätzungen von staatlichen Experten soll die Inflation im August noch von 47,8 Prozent auf über 55 Prozent steigen. Erdoğan hat eine Kehrtwende in Richtung "wirtschaftliche Stabilität" angekündigt und wichtige Positionen mit Experten besetzt. So versucht er den Wertverlust der Lira sowie die hohe Inflation einzudämmen. Doch trotz erster Erfolge steigt die Inflation weiter.