Berlin. Wunderschöne Landschaften und schützenswerte Tiere – 16 Nationalparks gibt es in Deutschland. Einige gefährdet der Klimawandel extrem.

Insgesamt 16 Nationalparks gibt es in Deutschland. Ob Wattenmeer, Felslandschaften, tiefe Wälder oder Bergwelten – in den unberührten Gebieten wird die Natur sich selbst überlassen. Die einzigartigen Parks bieten wichtigen Schutz für Pflanzen und Tiere und sollen der Forschung dienen. Natur-liebende Touristen zieht es in die geschützten Gebiete, um die artenreichen und einzigartigen Landschaften zu bewundern.

Eine Erhebung von "RaiseNow" zeigt nun: Alle deutschen Nationalparks leiden unter dem Klimawandel, einige davon stark. Laut der Untersuchung sind das Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, die Sächsische Schweiz, der Kellerwald-Edersee und der Harz ganz besonders betroffen.

1. Platz: Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer, gelegen an der Nordseeküste Deutschlands, umfasst eine Fläche von 441.500 Hektar. Damit ist es der größte Nationalpark des Landes. Das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer misst mit 2,4 Grad Celsius allerdings den höchsten durchschnittlichen Temperaturanstieg der in der "RaiseNow"-Studie untersuchten Gebiete. Lesen Sie auch:Wassermangel: Erdbeer-Anbau zerstört berühmten Nationalpark

Auch das restliche Wattenmeer weist einen vergleichsweise sehr hohen Temperaturanstieg auf. Die Küstenregionen an der Nordsee sind demnach stärker vom Anstieg betroffen als Parks im Inland. An der Ostsee ließ sich ein Anstieg von 2,1 Grad Celsius nachweisen und im südlichen Schwarzwald 0,8 Grad Celsius.

An der Nordseeküste liegt das Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.
An der Nordseeküste liegt das Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. © iStock | Unbekannt

Und damit nicht genug: Das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrohraphie (BSH) meldete im vergangenen Jahr an der Nordküste wiederholt Extremwetterereignisse wie Sturmfluten. Zudem verzeichnete die Nordsee mit einer Durchschnittstemperatur von 11,2 Grad Celsius den zweitwärmsten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen.

Im Vergleich zu anderen Nationalparks ist auch die Feinstaubbelastung beim Wattenmeer sehr hoch und der drastische Anstieg des Meeresspiegels bedroht die Existenz des Naturparadis. All diese Faktoren führen dazu, dass das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer Platz eins des besorgniserregenden Rankings belegt. Lesen Sie auch:Klimawandel: Diese deutschen Städte werden im Meer versinken

2. Platz: Sächsische Schweiz

Platz zwei belegt der Nationalpark Sächsische Schweiz im Elbsandsteingebirge. Von Sandsteinnadeln und Felsriffen, Buchenwäldern und Wildbächen – mit etwa 94 Quadratkilometern ist die Sächsische Schweiz einer der kleinsten Nationalparks der Bundesrepublik und besonders bei Outdoor-Kletterern beliebt.

Durch die Felsformation zieht sich die 76,5 Meter lange Basteibrücke.
Durch die Felsformation zieht sich die 76,5 Meter lange Basteibrücke. © iStock | Unbekannt

Der Klimawandel macht sich dort vor allem am Zustand des Waldes bemerkbar. Laut Daten des "Global Forest Watch" (ebenfalls ein Projekt von "RaiseNow") seien die Baumkronen im Nationalparkgebiet seit 2000 um 13 Prozent zurückgegangen. Außerdem hat der Park eine sehr hohe Stickstoffbelastung, was auf die Nähe zu Dresden zurückzuführen ist. Lesen Sie auch:Kampf gegen Lichtverschmutzung: Sternenhimmel in Gefahr

3. Platz: Kellerwald-Edersee

Ähnlich düster sieht es für den Kellerwald-Edersee aus. Der Nationalpark wurde im Jahr 2004 gegründet und ist damit einer der jüngsten Naturparks Deutschlands. Er schützt einen der letzten großen Buchenwälder Mitteleuropas und liegt im Inland Deutschlands nahe dem hessischen Kassel. In diesem Gebiet sind die Baumkronen um satte 19 Prozent zurükgegangen. Die Ozonwerte messen im Nationalpark zwischen 2016 und 2022 einen Anstieg von 12,67 Prozent.

Mehr als 10.000 verschiedene Pflanzen-, Pilz- und Tierarten tummeln sich im Nationalpark Kellerwald-Edersee.
Mehr als 10.000 verschiedene Pflanzen-, Pilz- und Tierarten tummeln sich im Nationalpark Kellerwald-Edersee. © iStock | Unbekannt

4. Platz: Harz

Rund um den 1141 Meter hohen "Brocken", der höchsten Erhebung im Norden Deutschlands erstreckt sich der Nationalpark Harz über etwa 10 Prozent der Gesamtfläche des Harzes in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Besucher erfreuen sich an der einzigartigen Landschaft, den Geschichten über die Brockenhexen und endlosen Wanderwegen durch Fichten- und Buchenwäldern.

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iStock © Der "Brocken" im Nationalpark Harz ist bei Wanderern sehr beliebt. | Unbekannt

Der Harz hat unter den Folgen des Klimawandels in Form von Stürmen, Trockenheit und dem Borkenkäfer besonders gelitten. In den letzten 20 Jahren kam es in dem Nationalpark zu einem Rückgang der Baumkronen von 39 Prozent – so viel wie in keinem anderen Nationalpark. Hinzu kommt, dass der Harz die höchsten Ozonwerte verzeichnet. Lesen Sie auch:Waldschäden: So viele Milliarden vernichtet der Klimawandel

Michael Rudolph, Regionaler Pressesprecher Süd für das Niedersächsische Landesforsten, erklärt: "Durch den Borkenkäfer sind große Teile (80 Prozent) der Harzer Fichtenwälder inzwischen abgestorben. Die nächsten Jahrzehnte wird man im Harz kaum mehr Fichtenholz mehr ernten können. Wir betreiben seit Jahren immense Anstrengungen, um auf den kahlen Flächen wieder Wald aufzubauen."

Auch bezüglich der Artenvielfalt beobachtet man im niedersächsischen Teil des Harz einen Wandel."Arten, die in dunklem, kühlem Hochwald Schutz finden, müssen in andere Regionen auswandern, da wo es diese Wälder noch gibt. Arten, die mehr sonnige und freie Flächen, Insekten, Sträucher und Blumen brauchen – die nehmen im Harz zu", so Rudolph.

Welche Nationalparks sind noch stark bedroht?

Die vier Spitzenreiter leiden laut "RaiseNow" extrem unter dem Klimawandel. Aber auch die anderen Naturparks Deutschland sind von der Erderwärmung betroffen. Hier das Ranking:

5. Platz Bayerischer Wald

6. Platz Niedersächsisches Wattenmeer

7. Platz Hainich

8. Platz Eifel

9. Platz Hamburgisches Wattenmeer

10. Platz Müritz-Nationalpark

11. Platz Jasmund

12. Platz Unteres Odertal

13. Platz Vorpommersche Boddenlandschaft

14. Platz Hunsrück-Hochwald

15. Platz Schwarzwald

16. Platz Berchtesgaden

Was bedeutet die Gefährdung der Nationalparks für die deutsche Natur und Artenvielfalt? Das Bundesamt für Naturschutz schreibt auf Anfrage dieser Redaktion, dass Nationalparks nur eine Fläche von 0,6% der Bundesfläche einnehmen und sich nicht wissenschaftlich abgesichert sagen lässt, was das für die gesamte deutsche Flora und Fauna für Auswirkungen haben könnte. Lesen Sie auch: Panik vor Ölkäfern: Das sagen Experten über die Gefahr

Grundsätzlich sei es aber so, "dass der Klimawandel neben der Intensivierung der Landnutzung, der Übernutzung von Arten und dem Verlust von natürlichen Lebensräumen eine weitere, wichtige Gefährdungsursache für die biologische Vielfalt darstellt." Der Schutz der Nationalparks liege in der Zuständigkeit der Bundesländer.

Wie wurden die Daten erhoben?

Die Fundraising-Plattform "RaiseNow" wertete nach eigenen Angaben insgesamt 1,5 Millionen Datenpunkte aus. Ziel der Untersuchung war, herauszufinden, welche der 16 deutschen Nationalparks am meisten vom Klimawandel betroffen sind bzw. sein werden. Lesen Sie auch: Wie der Ukraine-Krieg dem Klima in Deutschland schadet

Untersucht wurden unter anderem der Temperaturanstieg der letzten 40 Jahr (Quelle: Meteoblue), Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD), der Rückgang der Baumkronen (Quelle: Global Forest Watch) sowie die durchschnittlichen Ozon-, Stickstoffdioxid- und Feinstaubwerte seit 2016 in der jeweiligen Gegend (Quelle: Umweltbundesamt).