Kopenhagen. In europäischen Städten müssen Menschen mit hohen Schadstoffbelastungen leben. Insbesondere für Kinder kann die Luft zur tödlichen Gefahr werden.

Schadstoffe wie Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid sorgen für eine hohe Luftverschmutzung – einer Schätzung zufolge führt das jedes Jahr zum vorzeitigen Tod von mehr als 1200 Kindern und Jugendlichen in Europa. Am Montag stellte die Europäischen Umweltagentur (EEA) mehrere Berichte zur Luftverschmutzung vor. Demnach führt die belastete Luft zu mehr gefährlichen Asthmaanfällen und steigert das Risiko für Krankheiten im weiteren Leben von jungen Menschen.

Kinder und Jugendliche: Darum sind sie besonders gefährdet

Die Umweltagentur erklärt die erhöhte Gefahr für Kinder und Jugendliche damit, dass sich die Organe und das Immunsystem der Heranwachsenden noch entwickeln müssten und sie dadurch besonders anfällig seien. Laut der EU-Behörde ist die Luftverschmutzung schuld an 1200 vorzeitigen Todesfällen von unter 18-Jährigen in 32 Mitgliedsstaaten der EU. Auch die Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein und die Türkei wurden neben den 27 EU-Ländern untersucht. Die Zahl sei, verglichen mit der Gesamtbevölkerung, in der jungen Altersgruppe zwar relativ niedrig – jedoch stellten die Todesfälle in einem frühen Alter ein verlorenes Zukunftspotenzial dar.

„Wir können Kinder nicht wie kleine Erwachsene betrachten, wenn es um Umweltrisiken und Luftverschmutzung geht“, sagte der EEA-Experte Gerardo Sanchez. Kinder atmeten mehr durch den Mund, hätten ein geringeres Gewicht und sie hätten eine höhere Atemfrequenz. Das könnte vermehrt zu Asthma, Allergien und Lungenproblemen führen.

Die in Kopenhagen ansässige Behörde warnt: Es müsse mehr getan werden, um die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen vor den Risiken durch die Luftverschmutzung zu schützen. Zwar müssten alle Europäerinnen und Europäer vor den Gefahren geschützt werden, aber vor allem für Kinder sollten die Maßnahme auf EU-, nationaler und lokaler Ebene verstärkt werden. Das forderte der EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx, "um unsere Kinder zu schützen, die sich nicht selbst schützen können." Die Werte von Ozon, Stickstoffdioxid und Co. seien weiterhin zu hoch, der Weg zu sauberer Luft sei noch weit.

Luftverschmutzung: Das müsse getan werden

Das Problem: Auch wenn sich die Luftqualität über die vergangenen Jahre verbessert hat, liegen die Werte von verschiedenen Schadstoffen weiterhin über den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerten. Insbesondere sind Mittelosteuropa und Italien betroffen. Das liege daran, dass dort vermehrt feste Brennstoffe wie Kohle beim Heizen und in der Industrie verbrannt werden.

Was kann getan werden, um Kinder besser zu schützen? Es sei am wichtigsten, die Quelle zu bekämpfen, die für die schlechte Luft sorgt. Sprich: Im Verkehr, in der Industrie und beim Heizen müsse etwas für bessere Luft getan werden, so Sanchez. Ein weiterer Ansatz könne auch sein, rund um Schulen und Kindergärten durch mehr Grünflächen die Luftqualität zu verbessern.

Luftverschmutzung: Vor allem in Städten ein Problem

Weltweit sterben nach WHO-Angaben jährlich rund sieben Millionen Menschen vorzeitig infolge von Luftverschmutzung. Hohe Schadstoffbelastungen gibt es laut Berichten der EEA oft in den Städten. Im Jahr 2021 mussten demnach in den EU-Staaten mehr als 90 Prozent der Stadtbewohnerinnen und -Bewohner mit Werten an Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid leben, die über den WHO-Empfehlungen lagen. Gerade Feinstaub, der kleiner als 2,5 Mikrometer ist, gilt als schädlich. Er kann zu Schlaganfällen, Krebs und Atemwegserkrankungen führen. Allerdings sind die WHO-Richtwerte deutlich strenger gefasst als die Grenzwerte der EU.

Es gibt laut jüngsten Werten auch Städte in Europa mit vergleichsweise niedriger Feinstaubbelastung: Faro in Portugal sowie Umeå und Uppsala in Schweden sind auf Platz eins der saubersten Städte – verglichen mit 375 europäischen Städten. Es folgen Funchal (Portugal), Tallinn (Estland), Tampere (Finnland) und Reykjavik (Island).

Die besten Werte unter den deutschen Städten erzielen Kiel (Rang 19), Göttingen (22) und Lübeck (26), die schlechtesten Nürnberg (234), Berlin (238) und Gelsenkirchen (245). München liegt an 54., Hamburg an 161. Stelle.

Deutschland liegt laut den Expertinnen und Experten bei der Feinstaubbelastung im vorderen Mittelfeld der analysierten Staaten. Dennoch: Beim Stickstoffdioxid schneidet die Bundesrepublik mit am schlechtesten ab. Stickstoffdioxid entwickelt sich vor allem aus dem Straßenverkehr. (dpa/emi)