Berlin. Die Nordsee ist voller faszinierender Tiere. Nun breiten sich überraschend auch Seepferchen aus. Forscher stellt das vor Rätsel.

Der Mythos sagt ihnen nach, dass sie den Streitwagen des griechischen Gottes Poseidon durch das Mittelmeer gezogen haben sollen. Jetzt scheinen die kleinen Tiere auch im Wattenmeer angekommen zu sein. Immer mehr Seepferdchen werden in der Nordsee gesichtet. Die Hintergründe bleiben auch für Experten ein Rätsel.

Eigentlich sind die Tiere eher in wärmeren Meeresregionen zu Hause, doch seit 1999 wurden auch im Wattenmeer Seepferdchen gesichtet. Seitdem häufen sich die Beobachtungen. Höhepunkt ist bisher das Winterhalbjahr 2021/2022. Zu diesem Zeitpunkt gingen auf der Internetplattform "Beach Explorer" der Schutzstation Wattenmeer rund 30 Meldungen über angespülte Exemplare ein.

Ungewöhnlich viele Beobachtungen

"In früheren Jahren konnte man solche Seepferdchensichtungen an einer Hand abzählen", sagt Hans-Ulrich Rösner, Leiter des Wattenmeerbüros der Naturschutzorganisation WWF in Husum gegenüber "Spektrum". "So viele Beobachtungen in so kurzer Zeit sind wirklich ungewöhnlich."

Lesen Sie auch: Norwegen: Entdeckung in 400 Meter Tiefe überrascht Forscher

Die meisten Tiere wurden von Spaziergängern an der niederländischen Küste oder im niedersächsischen Wattenmeer Nationalpark gefunden. Im September wurden dann auch noch ein lebendiges Tier in Schleswig-Holstein entdeckt. Die registrierten Funde hält Rösner nur für die Spitze des Eisbergs. Er glaubt, dass viele der Tierchen gar nicht erst gesehen werden.

Woher die Seepferdchen kommen, bleibt unklar

Gefunden wurde in der Nordsee bisher ausschließlich das Kurzschnäuzige Seepferdchen. Fachleute halten es aber durchaus für möglich, dass das Hippocampus hippocampus nicht der einzige Vertreter seiner Art in der Region ist.

Gleichzeitig stellen sich die Frage, wie viele Seepferdchen tatsächlich im Wattenmeer leben, wo sie sich aufhalten und ob die Tiere dauerhaft im Norden leben oder lediglich durch Meeresströmungen an die Küsten gespült wurden.

Forschungsprojekt zum Mitmachen soll helfen

Ein Forschungsprojekt zum Mitmachen soll jetzt Licht ins Dunkle bringen. Verschiedene Nationalparkverwaltungen, so wie Naturschutz- und Bildungsorganisationen rufen dazu auf, an den Stränden gezielt nach Seepferdchen Ausschau zu halten.

Wer ein angespültes Tier findet soll ein Foto von diesem machen und es mit Datum und Fundstelle bei "Beach Explorer" zur Erfassung hochladen. Hilfreich ist es für das Bild eine Münze neben das Tier zu legen. Das macht den Größenvergleich einfacher.

Gleichzeitig wird Europaweit versucht, die Geschichte der Meeresbewohner zu ergründen. So wurden die Tiere nach Entdeckungen in Großbritannien inzwischen offiziell als Teil der heimischen Fauna anerkannt.

Auch interessant: Galápagos-Inseln: Forscher machen spektakuläre Entdeckung

Klimawandel könnte Grund für die Tiere im Wattenmeer sein

Rösner hält es für unwahrscheinlich, das die Tiere aus eigener Kraft in das Wattenmeer geschwommen sind. Dafür könnten sie nicht gut genug schwimmen. "Vielleicht sind sie von Meeresströmungen vor die deutschen Küsten getragen worden", so der Biologe.

Auch der Klimawandel und die damit einhergehenden steigenden Wassertemperaturen könnten eine Ursache für den Seepferdchenanstieg im Wattenmeer sein. Grund zu Sorge gibt es durch ihr Auftauchen in der Nordsee aber laut Rösner nicht. "Sie werden anderen Arten nicht schaden. Sie sind eine Bereicherung der Artenvielfalt."