Gegner der “kulturellen Aneignung“ schießen über das Ziel hinaus. Mehr Lockerheit und Humor würde Kulturkämpfern guttun. Ein Kommentar.

Wo und wann ist die Debatte über „Political Correctness“ in Deutschland bitte falsch abgebogen? Wie konnte es passieren, dass selbst ernannte Geschmackskontrolleure anderen mit immer strengeren „Regeln“ vorschreiben, wie man sich zu verhalten hat?

Diese Fragen muss man sich stellen, wenn man auf den jüngsten Exzess einer unkontrollierten Wokeness blickt: Eine Tanzgruppe aus rüstigen Seniorinnen der Arbeiterwohlfahrt wollte zur Eröffnung der Mannheimer Bundesgartenschau eine musikalische Weltreise auf die Bühne bringen. Bei Dutzenden von Feiern, u.a. in Seniorenheimen, haben sie damit vielen Menschen Freude bereitet, nie gab es Anlass zur Klage. Jetzt wird die Darbietung zensiert. Das Musikstück muss auf Sombreros verzichten und auf die für Japan typischen Kimonos.

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Kulturelle Aneignung: Humorlos oder rassistisch?

Es wäre kein Wunder, wenn die Frauen der Arbeiterwohlfahrt den Auftritt absagen, weil sie keine Lust auf diese Bevormundung haben. Mag sein, dass dieses Beispiel extrem ist. Aber es steht für einen Trend, bei dem vermeintlich politisch korrektes Verhalten zu einer weltfremden Religion mutiert. Und die den Menschen automatisch üble Gesinnung unterstellt, obwohl sie in Wahrheit echte Aufgeschlossenheit für andere Kulturen pflegen.

Ja, in dieser Gesellschaft darf kein Millimeter Platz für Rassismus oder Geschlechterunterdrückung sein. Aber es braucht unbedingt Raum für Tradition, Humor und den gesunden Menschenverstand.

Man darf gespannt sein, wo diese Debatte noch hinführt. Dürfen bald nur noch „biologisch echte“ Bayern auf dem Oktoberfest Lederhose und Dirndl tragen, um kulturelle Aneignung auszuschließen? Es ist höchste Zeit, die Kirche wieder ins Dorf zu holen.