Wunsiedel. In Bayern wurde eine Zehnjährige tot aufgefunden. Jetzt deuten Spuren darauf hin, dass ein Elfjähriger wohl an der Tat beteiligt war.

Nach dem Tod einer Zehnjährigen in einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung im oberfränkischen Wunsiedel (Bayern) geht die Polizei nach Spurenfunden davon aus, dass ein elfjähriger Junge an der Tat beteiligt war. Dies teilte die Polizei am Karfreitag in Wunsiedel mit. Da der Junge nicht strafmündig sei, sei er präventiv in einer gesicherten Einrichtung untergebracht worden.

Die Ermittler hatten eine 40-köpfige Sonderkommission gebildet. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen von einem Tötungsdelikt aus. Die Kriminalbeamten könnten zudem "Mutmaßungen hinsichtlich eines möglichen Sexualdeliktes derzeit nicht bestätigen", heißt es in einer am Donnerstag verbreiteten gemeinsamen Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Deren Sprecher Matthias Goers sagte: "Wir gehen von keinem Sexualdelikt aus."

Angestellte hatten die Zehnjährige am Dienstag in einem Zimmer der Einrichtung leblos gefunden, ein Notarztteam konnte nur noch den Tod feststellen. Eine Obduktion des Leichnams ergab nach ersten Erkenntnissen Anzeichen für ein Fremdverschulden, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Das Mädchen war laut Polizei in der Einrichtung betreut worden.

Wunsiedel: Wer sind die Täter?

Im Fokus der Ermittler standen zunächst drei Jungen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr. Doch unklar war zunächst, inwieweit eine Beteiligung dieser ursächlich für den Tod des Mädchens gewesen sein könnte und ob es sich womöglich um einen Unfall gehandelt haben könnte. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen kamen die zwei 11-Jährigen und der 16-Jährige nicht in Polizeigewahrsam, sondern wurden in einer Einrichtung des Jugendschutzes untergebracht. Bei einem der Elfjährigen scheinen sich die Ermittler nun sicher zu sein, dass er an dem Tod des Mädchens beteiligt war.

In der Einrichtung in Wunsiedel sind nach eigenen Angaben normalerweise rund 90 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene untergebracht. Die Facheinrichtung sei für junge Menschen und ihre Familien da, die Hilfe zur Erziehung benötigten, hieß es auf der Website des Hauses.

Die Stadt Wunsiedel im Fichtelgebirge hat rund 9200 Einwohner. Sie liegt etwa 90 Kilometer nordöstlich von Nürnberg und nur wenige Kilometer von der Grenze zu Tschechien entfernt.

Familienministerin: "Kinder brauchen Schutz in gewohnter Umgebung"

Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) hat das Haus für die Begleitung der anderen Kinder gelobt. Der Träger habe sofort reagiert und das Personal verstärkt, sagte sie am Donnerstag in Wunsiedel. Es werde „Hand in Hand“ zum Wohl der Kinder gearbeitet.

Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen sei weiterhin in der Einrichtung. "Die Kinder brauchen Schutz in ihrer gewohnten Umgebung, damit sie mit ihren Betreuerinnen und Betreuern die Situation aufarbeiten können." Kinder, die derzeit noch auf einer Ferien-Aktivität seien, würden am Freitag zurückerwartet. Wie viele Kinder genau derzeit in Wunsiedel sind, sagte sie nicht.

Sie hoffe, dass es bald ein Ermittlungsergebnis gibt, damit wieder Normalität in der Einrichtung einkehren könne. "Es ist dramatisch, was sich hier ereignet hat." Die Einrichtung habe einen hervorragenden Ruf, ergänzte sie.

Erinnerungen an Fall Luise: Keine Strafverfolgung minderjähriger Täter

Erst vor vier Wochen hatte der Fall Luise im nordrhein-westfälischen Freudenberg hohe Wellen geschlagen. Die zwölfjährige Schülerin war am 11. März mutmaßlich von zwei Schulkameradinnen im Alter von zwölf und 13 Jahren in einem Waldstück brutal erstochen worden.

Vor dem Hintergrund des Falls hatten Politiker und Medien strafrechtliche Konsequenzen gefordert. Gemäß gültigem Recht können Minderjährige unter 14 Jahren nicht strafrechtlich verfolgt werden. Einzig durch psychiatrische Intervention oder Maßnahmen des Jugendamtes können minderjährigen Tätern Konsequenzen drohen. Justizminister Marco Buschmann (FDP) lehnte ein Absenkung der Strafmündigkeit aber entschieden ab. (fmg/dpa)