Paris. Bei Regelschmerzen einfach zuhause bleiben: Was in vielen Ländern möglich ist, bieten in Frankreich nur wenige Unternehmen. Bis jetzt.

In gewissem Sinne darf sich Marion Oberlé als privilegiert ansehen. Die junge Webdesignerin leidet zwar immer wieder unter starken Menstruationsschmerzen, aber sie kann in diesem Fall jeden Monat einfach einen Urlaubstag einlegen. Ihr Arbeitgeber, die Straßburger Firma Blackbird Agency, gehört zu den wenigen Unternehmen in Frankreich, welches ihren weiblichen Angestellten diese Möglichkeit einräumt – und zwar ohne Ankündigung oder ärztliches Attest.

„Eigentlich sollte es normal sein, nicht arbeiten zu müssen, wenn man sich wegen Krämpfen und Kopfweh gar nicht richtig konzentrieren kann“, meint Oberlé. Dennoch: Es bleibt eine Ausnahme, dass sie und ihre Mitarbeiterinnen bei Regelschmerzen lediglich eine App auf dem Smartphone zu aktivieren und das Feld „Bezahlte Abwesenheit“ anzutippen brauchen.

„Es ist ein gutes Gefühl, dass da etwas respektiert wird, was wir Frauen uns ja nicht ausgesucht haben“, meint Oberlés Kollegin Perrine Verbrugghe. Wobei beide Frauen berichten, dass sie sich auch nicht schuldig fühlen müssten, weil sie auf einmal ihrem Team fehlen. Das Verständnis bei den männlichen Kollegen nämlich sei groß.

Menstruationsurlaub: In anderen Ländern längst etabliert

Vom Gesetzgeber ist ein Menstruationsurlaub in Frankreich eben so wenig vorgesehen wie in Deutschland. Auf beiden Seiten des Rheins besteht allein die Möglichkeit, sich bei schweren Menstruationsbeschwerden arbeitsunfähig schreiben zu lassen. Anders liegen die Dinge seit kurzem in Spanien. Dort führte das Parlament im Februar Freitage bei Menstruationsbeschwerden ein.

In Europa stellt das zwar eine Premiere dar, nicht jedoch in anderen Teilen der Welt. So gibt es den Menstruationsurlaub in Japan bereits seit 1947, in Indonesien seit 1948, in Südkorea sowie Taiwan seit dem Beginn der 2000er Jahre und in Sambia seit 2015.

In Frankreich sind es in erster Linie die Sozialisten, die sich seit einiger Zeit für eine gesetzliche Einführung des Menstruationsurlaubs stark machen. Sie gehörte 2022 zum Programm der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Anne Hidalgo und wurde nach deren Scheitern zumindest für alle weiblichen Parteiangestellten eingeführt. Lesen Sie auch: „Quadratschädel“: Das denken Spanier wirklich über Deutsche

Gesetzesinitiative stößt nicht nur auf Zustimmung

Ein Beispiel, dem Anfang März auch das von einem Sozialisten geführte Rathaus der Pariser Vorstadt Saint-Ouen folgte. Vor allem aber hat jetzt die sozialistische Senatorin Hélène Conway-Mouret angekündigt, im April ein von dem spanischen Vorbild inspirierten Gesetzestext zur Einführung des Menstruationsurlaubs vorzulegen, „um endlich mit dem Tabu der Monatsblutung in unserer Gesellschaft aufzuräumen“.

Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Ifop leiden in Frankreich 53 Prozent der Arbeitnehmerinnen an Menstruationsschmerzen und 66 Prozent aller Frauen begrüßen die Gesetzesinitiative von Conway-Mouret. Allerdings stößt diese bei einem Drittel der Befragten auf Bedenken.

Nicht nur, weil Nachteile für Frauen bei der Einstellung oder beim Karriereverlauf befürchtet werden. Auch eine ganze Reihe von Politikerinnen der übrigen Parteien, einige Soziologen und sogar mehrere Feministinnen äußern die Sorge, dass ein gesetzlich vorgeschriebener Menstruationsurlaub „die Diskrimination der Frauen in der Arbeitswelt“ verstärken könnte.