Neu Delhi. In Indien werden Elefanten in religiösen Zeremonien eingesetzt. Ein Tempel will zeigen, dass es anders geht – mit einer Attrappe.

Sie werden in Liedern besungen, für ihre Schönheit verehrt, manche von ihnen haben sogar regelrechte Fangemeinden. Und trotzdem hält man sie in Ketten und prügelt sie, um sie gefügig zu machen. Seit Jahrhunderten müssen Elefanten in Indiens Tempeln für religiöse Zeremonien und Festivals herhalten. Ein Tempel im südindischen Bundesstaat Kerala geht nun neue Wege: Hier soll ein Roboter-Elefant in Lebensgröße die echten Dickhäuter ersetzen.

Indien: Tempel führt Roboter-Elefant ein

Irinjadappilly Raman heißt der neue Tempel-Elefant. Mit seinen 800 Kilo und über drei Metern Höhe steht er seinen lebenden Vorbildern auf den ersten Blick in wenig nach. Sogar seinen Rüssel kann er bewegen und mit den Segelohren wackeln – wenn auch nur per Fernbedienung. Seine Haut besteht aus kunstvoll bemaltem Gummi, die Knochen ersetzt ein Metall-Gestell und Elfenbein sucht man an ihm vergebens. Aber dafür hinterlässt Raman auch keine Haufen auf dem Tempel-Boden.

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Wie die „Indian Express“ berichtet, ist der Neuzugang ein voller Erfolg: Bei seiner ersten Zeremonie kamen viele, nicht um zu beten, sondern um einen Blick auf den neuen „Elefanten“ zu erhaschen. Sowohl die Tempel-Gemeinde als auch Tierschützer hoffen, dass nun auch weitere Tempel in Indien auf Attrappen umsteigen. Stundenlanges Geschmücktwerden und Stillstehen, laute Musik und Menschenmassen – all das könnte den sensiblen Tieren so in Zukunft erspart bleiben.

Elefanten-Schutz: Tierschutzorganisation will Praxis beenden

Die Tierschutzorganisation Peta, die den Robo-Elefanten an den Tempel spendete, will der Praxis ein Ende setzen. „Elefanten sind wilde Tiere, die nicht willentlichen den Befehlen von Menschen folgen“, schreibt die Organisation auf ihrer Website. Die meisten Elefanten, die in Indien in Gefangenschaft leben, würden illegal gehalten. Um sie zum Reiten, für Tricks oder Zeremonien einsetzen zu können, werden die Tiere geschlagen und misshandelt und unter schrecklichen Bedingungen gehalten.

Zu den ersten Zeremonien des Roboter-Elefanten sollen mehr Schaulustige als Gläubige gekommen sein, heißt es in den indischen Medien.
Zu den ersten Zeremonien des Roboter-Elefanten sollen mehr Schaulustige als Gläubige gekommen sein, heißt es in den indischen Medien. © dpa | Juhi Bhatt

Wenn die geschundenen Tiere sich gegen ihre Halter auflehnen und versuchen auszubrechen, kommt es nicht selten zu Unfällen oder Attacken auf Menschen, erklärt Peta weiter. Die Organisation nennt als Beispiel einen der berühmtesten Tempel-Elefanten Indiens, Thechikkattukavu Ramachandran. Der Bulle soll in seinen 60 Jahren in Gefangenschaft mehr als zehn Menschen und mehrere Elefanten getötet haben. In Medienberichten aus aller Welt gilt Ramachandran als „Killer-Elefant“ – geliebt und gefürchtet.

Facebook-Seite informiert über berühmtesten Tempel-Elefanten

Auf einer Facebook-Fanpage werden rund 50.000 Follower über das Leben und die Auftritte des Bullen auf dem Laufenden gehalten. Da gibt es Videos und Bilder von Ramachandran in prächtigem Blumen- und Goldschmuck mit meterhoher Kopfbedeckung und drei oder vier Reitern auf seinem Rücken. Der Riese bahnt sich seinen Weg durch Massen von Menschen. Sie jubeln ihm zu, werfen Konfetti, wedeln mit Luftballon-Schlangen. Andere Aufnahmen zeigen den Elefantenbullen in seiner Unterkunft im Tempel von Thechikottukavu in Thrissur. Auf Betonboden, an den Beinen gefesselt mit Stahlketten und umringt von seinen Führern, den sogenannten Mahouts.

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Ramachandrans Schicksal teilen tausende Elefanten in Indien. Ihr Einsatz in Ritualen und bei Festivals ist dort seit Jahrhunderten Tradition und gilt als wichtiger Bestandteil religiöser Zeremonien. Roboter-Elefant Raman soll zeigen, dass es auch anders geht. Peta India ruft Veranstalter dazu auf, fortan nur noch mechanische Elefanten oder andere Alternativen für ihre Events zu nutzen. Elefanten, die in Gefangenschaft leben, sollten aus Sicht der Organisation in Auffangstationen abgegeben werden, wo sie sich in Gesellschaft anderer Elefanten psychisch wie physisch von ihrem Trauma erholen können.