Trentino. Beim Wandern im Trentino ist ein 38-jähriger Mann von einem Bären angegriffen worden. Es ist nicht die erste Attacke in der Region.

Ein Spaziergang in einem Wald im Trentino mit seinem Hund ist für Alessandro Cicolini, 38-jähriger Eisenbahner aus Cles, im Tal Val di Sole, zu einem Alptraum geworden. Am Eingang des Waldes unweit der Südtiroler Landesgrenze wurde er von einem Bären angegriffen und verletzt.

Trentino: Familienvater bei Bärenangriff verletzt

„Ich sah den Bären aus dem Wald kommen, sehr schnell. Es lagen 30 Meter zwischen mir und ihm. Ich drehte mich um und versuchte wegzulaufen, aber er verfolgte mich und biss mich in den Kopf. Dann bohrte er seine Zähne in meinem Arm. Er hat gebrüllt, ich hatte große Angst“, berichtet der Vater von zwei Kindern.

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„Der Bär hat mich nicht losgelassen, wir sind beide zu Boden gefallen. Ich hatte heftiges Herzklopfen. Er sah mich ein paar Sekunden lang an, mir schien es eine Ewigkeit, und dann ist er plötzlich weggerannt“, erzählt Cicolini, noch unter Schock. Nach dem Bärenangriff rief er seinen Bruder an, der ihm Hilfe schickte. Im Krankenhaus wurde der 38-Jährige am Arm operiert und wegen der Kopfwunden behandelt.

Erster Bärenangriff in Trentino seit zweieinhalb Jahren

Es war der erste Bärenangriff auf einen Menschen seit zweieinhalb Jahren. Seit 2014 hatte es sechs Angriffe gegeben, jeweils durch verschiedene Tiere. Sieben Menschen kamen dabei zu Schaden. Der Vorfall am Sonntag sorgt für Spannung im Trentino, einer Region, die seit Jahren mit „Problembären“ konfrontiert ist. Der Trentiner Landeshauptmann Fugatti meldete den Vorfall unmittelbar dem italienischen Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin mit der Bitte, „das Problem, das nicht mehr ungelöst bleiben darf, gemeinsam anzugehen“.

Bei dem Bär, der den Italiener angefallen hat, könnte es sich nach ersten Vermutungen um eine Bärin mit Jungen handeln. (Symbolbild)
Bei dem Bär, der den Italiener angefallen hat, könnte es sich nach ersten Vermutungen um eine Bärin mit Jungen handeln. (Symbolbild) © dpa | Cyril Zingaro

Der Landeshauptmann ist in Kontakt mit den Forstbeamten, die sich um die Aufklärung des Angriffs kümmern. Eine DNA-Analyse der Spuren auf der Kleidung des Opfers soll Aufschluss über den Bär geben. Die erste Hypothese lautet, dass es sich um eine Bärin mit Jungen oder eine brünstige Bärin handeln könnte.

Tierschutzverbände fürchten Jagd auf Bären

Die Reaktion der Tierschutzverbände erfolgte umgehend. „Wir haben erfahren, dass der Trentiner Landeshauptmann keine Zeit verschwendet hat, um den Umweltminister zu bitten, zu intervenieren“, kommentierte der Tierschutzverband Oipa kritisch. „Leider wissen wir sehr wohl um die Absichten des Landeshauptmannes, der nur auf einen Vorwand wartet, um mit Keulungen oder Gefängnisstrafen zu reagieren. Aber wir fragen uns, wie viel wird getan, um diese Begegnungen zu verhindern?“, so der Verband.

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„Man sollte abwarten, bis man die ganze Geschichte kennt, bevor die Regierenden handeln und nach nachhaltigen Lösungen suchen. Warum ist es notwendig, sofort zu entscheiden, ohne die ganze Dynamik des Vorfalls abzuwarten?“, fragten die Tierschützer.

Die Verbände befürchten eine Jagd auf den „Problembären“. „Es wäre notwendig, ernsthafte Wildtiermanagementprozesse einzuleiten und nicht immer abzuwarten, bis diese Episoden wieder zum Thema werden. Natürlich tut es uns für die betroffene Person leid. Aber wir fragen uns, warum so etwas passieren muss, statt zu versuchen, es zu verhindern, wie wir schon seit langem sagen. Es scheint fast so, als wolle man auf Zwischenfälle warten, um mit der Keulung fortzufahren“, so die Oipa-Sprecher.

Bären sind in der Region verbreitet

Tierschützer beklagen, dass die Trentiner Behörden die Anwesenheit von Bären, Wölfen und Wildtieren auf dem Territorium schon immer nur widerwillig toleriert haben. Im Juli 2021 starb der mit dem Kodex F43 bekannte Bär im Trentiner Tal Val Concei während einer Operation zum Austausch des Funkhalsbandes. Die letzte Attacke im Trentino geht auf den August 2020 zurück, als ein Carabiniere vom „Problembären“ M47 angegriffen wurde. Das Tier wurde eingefangen und nach Ungarn gebracht.

Im Trentino leben rund 90 Bären in freier Wildbahn. Manchmal dringen sie in Wohngebiete ein und attackieren Nutztiere. Im Rahmen eines von der EU geförderten Projekts waren im Jahr 1999 ein Dutzend Bären aus Slowenien in die Region gebracht und ausgesetzt worden. Sie sind zu einer Sorge für die Behörden geworden. Wegen ihrer Angriffe auf Tiere müssen sie jährlich hohen Schadensersatz zahlen.