Rottenburg. Sein Eis mit Leberwurst war nicht so der Hit. Nun mischt Thomas Micolino Grillen in seine Eiskreation. Die Reaktionen sind gespalten.

Erlaubt ist, was gefällt – und was schmeckt. In dieser Hinsicht musste Thomas Micolino, Besitzer einer Eisdiele in Rottenburg am Neckar (Baden-Württemberg), schon mal Lehrgeld zahlen. Der experimentierfreudige Gastronom hat es mit Eis aus Gorgonzolakäse oder aus Leberwurst versucht. Nicht nur Vegetarier fanden das nicht so lecker. Die Produktion hat Micolino mittlerweile wieder eingestellt.

Dafür ist der Schwabe nun einer anderen Geschmacksrichtung verfallen: Eis mit Grillen. Die bräunliche Eiscrème bewahrt Micolini abgetrennt von den anderen Eissorten auf. Damit sich niemand ekelt. Nicht jeder Gast in seiner Eisdiele hat so viel Lust auf Unbekanntes wie Micolino. Der Anblick seiner neuen Kreation ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Tote Grillen mit stacheligen Hinterbeinchen und langen Fühlern tummeln sich im Speiseeis. Einige seiner Kunden wenden sich mit Grausen, andere finden es toll und probieren es aus.

Neue EU-Verordnung erlaubt Verarbeitung von Insekten

Doch warum kommt Micolino gerade jetzt mit seinem Grilleneis um die Ecke? Grund dafür ist eine EU-Verordnung, die die Verarbeitung von Hausgrillenmehl ausdrücklich erlaubt. Und nicht nur das: Seit dem 26. Januar dürfen die Hausgrille und der Getreideschimmelkäfer in Lebensmitteln verarbeitet werden. Ähnliche Regeln gibt es bereits für Wanderheuschrecken und Larven des Mehlkäfers. Die Menge ist jedoch begrenzt, so darf etwa ein Fleischersatz-Produkt maximal zu fünf Prozent aus Insekten bestehen. Der Getreideschimmelkäfer kann beispielsweise schon jetzt in Nahrungsmitteln wie Müsliriegeln, Nudeln oder Schokolade enthalten sein.

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Thomas Micolino hatte irgendwann einfach Lust, auch mal etwas mit Insekten zu kreieren. „Mir wird langweilig, wenn ich immer dasselbe mache", sagt er. Er bezieht die Grillen aus einer Zucht aus der Region, kocht das Pulver extra nochmal bei 90 Grad ab. Um vier Kilo Eis herzustellen, braucht er 200 Gramm Heimchen-Mehl, dazu unter anderem Sahne, Zucker, Milch, Vanille, Cookies und Wildhonig aus dem Schwarzwald.

Wie schmeckt das Insekten-Eis? „Haferflockig, etwas bitter“

Wenigstens in den lokalen Medien ist sein Insekteneis der Renner. Die Aufmerksamkeit ist groß, was auch immer mehr Stammkunden der Eisdiele im Neckarstädtchen dazu animiert, Micolinos Neukreation zu probieren. Viele wollen zumindest einmal probieren. „Sonst kann ich nicht mitreden“, sagt einer, der gerade eine Portion Grillen-Eis aus der Waffel schleckt. Ins Dschungelcamp, sagt er, würde er zwar nicht gehen, aber so ein wenig Insekten-Eis finde er nicht eklig. „Solange mich keine Augen dabei angucken“, sagt er. Nussig schmecke es. „Haferflockig, etwas bitter“, urteilt ein weiterer Kunde.

Kritische Stimmen gibt es aber auch: Warum er "jeden Scheiß" mitmachen müsse, schrieb ihm kürzlich jemand. Micolino lässt sich davon nicht beirren. Er lockt seine Kunden sogar mit einem Angebot: Jeder, der eine Kugel Insekten-Eis bestellt, bekommt eine zweite Kugel seiner Wahl spendiert. (tok/dpa)