Lübbrechtsen. Ein Pilot stürzte mit einem Sportflugzeug über einem Dorf ab. Experten zufolge soll er lange zuvor ohne Bewusstsein gewesen sein.

Diesen Freitagabend Ende August werden die Bewohner zweier Häuser südlich von Hannover nicht vergessen: Sie hatten immenses Glück, dass sie nicht zu Hause waren, als ein Flugzeug aus heiterem Spätsommerhimmel in die beiden Wohngebäude stürzte. Nun mehren sich Hinweise, warum das Motor-Segelflugzeug absackte.

Aufzeichnungen des Funkverkehrs legen nahe, dass der Pilot zuvor im Cockpit verstorben oder aufgrund eines medizinischen Notfalls zumindest bewusstlos war. Das Flugzeug ist also wohl stundenlang führerlos über Deutschland geschwebt.

Der Pilot war ein 79-jähriger Mann mit Tausenden Stunden Flugerfahrung, er war mit seinem motorisierten Segelflugzeug in Magdeburg gestartet. Seine Leiche wurde aus dem Wrack geborgen, laut Staatsanwaltschaft ergab eine Obduktion Hinweise auf ein Herzversagen.

Absturz in der Nähe von Hannover

Ein Zwischenbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) bestätigt, dass der Mann sich nach dem Start offenbar nicht wohlfühlte: „Der Pilot habe über Funk gemeldet, dass er nach Magdeburg zurückkehren wolle“, schreiben die Gutachter. Zu dem Zeitpunkt flog er Richtung Harz. Danach riss die Kommunikation ab: „Entgegen der mitgeteilten Flugabsicht des Piloten sei der Motorsegler aber nach Norden Richtung Braunschweig geflogen. Ein Funkkontakt habe danach nicht mehr bestanden.“

Feuerwehrleute an der Absturzstelle südlich von Hannover. Das Flugzeug brach durch die Wand ins Wohnzimmer.
Feuerwehrleute an der Absturzstelle südlich von Hannover. Das Flugzeug brach durch die Wand ins Wohnzimmer. © dpa | Christian Gossmann

Die Maschine passierte Braunschweig und näherte sich schließlich der niedersächsischen Landeshauptstadt. „Beim Überfliegen der Kontrollzone von Hannover versuchte der Tower erfolglos, über die Notfrequenz Kontakt zu dem Motorsegler aufzunehmen.“

Nach drei Stunden Flugzeit stürzte der Flieger über dem Ort Lübbrechtsen (Landkreis Hildesheim) ab. Zeugen beobachteten, dass das Sportflugzeug zuvor deutlich an Höhe verlor, außerdem seien aufheulende Motorgeräusche wahrnehmbar gewesen. „Man kann froh sein, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist“, sagte ein Bewohner der „Hildesheimer Allgemeinen Zeitung“. Lesen Sie hier: Germanwings-Absturz: Piloten-Witwe spricht über Zeit danach

Flugzeug war fast 30 Jahre alt

Das Flugzeug sei zunächst gegen sein Haus geprallt, danach durch die Wand des Nebengebäudes gekracht und dort im Wohnzimmer stehen geblieben.

Ein Beauftragter der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung hat sich die Unglücksstelle angesehen. Hinweise auf einen technischen Defekt gibt es nicht. Die Maschine war 1995 im bayerischen Dachau gebaut und im November 2021 zuletzt auf ihre Flugtauglichkeit überprüft worden. (Joe)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.