München. Jérôme Boateng will auch seine zweite Verurteilung wegen Körperverletzung nicht akzeptieren. Wie das Landgericht München I mitteilte, legte die Verteidigung des Fußball-Profis am Mittwoch erneut Revision gegen das Urteil ein. „Er möchte die Strafe anhand der schriftlichen Urteilsgründe nachvollziehen können“, sagte Boatengs Anwalt Norman Nathan Gelbart der Deutschen Presse-Agentur. Ob die Revision tatsächlich durchgeführt wird, entscheidet sich allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Allerdings war Boateng nicht der einzige, der Revision einlegte: Am Mittwoch – dem letzten Tag vor Fristablauf – erklärte nach Boateng auch die Staatsanwaltschaft, dass sie das Urteil nicht akzeptiere. Das teilte eine Sprecherin der Anklagebehörde mit.
Boateng: Möglicherweise neue Hauptverhandlung
Nach Angaben des Landgerichts soll die schriftliche Urteilsbegründung in spätestens fünf Wochen vorliegen. Danach haben die Parteien einen Monat Zeit, um ihre Revision zu begründen. Das Bayerische Oberste Landesgericht muss dann darüber entscheiden, ob es in dem Urteil gegen Boateng möglicherweise Rechtsfehler gegeben hat.
Weil in diesem Fall auch die Staatsanwaltschaft, die eine härtere Strafe für Boateng gefordert hatte, Rechtsmittel eingelegt hat, käme es dort zu einer weiteren Hauptverhandlung. In dieser würde es allerdings keine neue Beweisaufnahme mehr geben, weil dabei nur Rechtsfragen erörtert werden.
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Erst danach würde das Bayerische Oberste Landesgericht über die Revision entscheiden und könnte das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverweisen. Dafür müsste das Urteil aber erst aufgehoben werden.
Boateng war wegen Angriff auf seine Ex schuldig gesprochen worden
Das Landgericht München I hatte den Fußball-Weltmeister von 2014 vor einer Woche auch in zweiter Instanz wegen Attacken auf seine Ex-Freundin in einem gemeinsamen Karibik-Urlaub 2018 schuldig gesprochen. Es verhängte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro – insgesamt 1,2 Millionen Euro. Damit wäre Boateng – anders als nach dem erstinstanzlichen Urteil – vorbestraft.
Das Amtsgericht hatte im vergangenen Jahr zwar in der Summe eine höhere Geldstrafe verhängt, jedoch war die Zahl der Tagessätze nur halb so hoch – konkret: 60 Tagessätze zu je 30 000 Euro – insgesamt 1,8 Millionen Euro. Ab mehr als 90 Tagessätzen gelten Verurteilte als vorbestraft. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren und zusätzlich eine Geldauflage von 1,5 Millionen Euro gefordert.
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„Für uns ist der Sachverhalt mehr als nachgewiesen“, hatte Richter Andreas Forstner in der Urteilsbegründung gesagt. Boatengs Verteidiger hatten dagegen einen Freispruch für den 34 Jahre alten Fußball-Profi beantragt. Sie gingen davon aus, dass seine Ex-Freundin die Vorwürfe „im Kampf um die Kinder“ erfunden und „instrumentalisiert“ habe.
Anwalt Gelbart sprach in seinem Schlussplädoyer von mutmaßlichen Widersprüchen in der Aussage von Boatengs Ex-Freundin: „Im Zweifel für den Angeklagten“, sagte er. „In dubio pro reo.“ Richter Forstner erwiderte: „Für uns gibt es keine dubios und darum gibt es auch nichts pro reo.“
Boateng: Anwälte sehen eine Vorverurteilung des Fußballers
Boatengs Anwälte beklagten eine Vorverurteilung ihres Mandanten und stellten im Laufe des Verfahrens auch einen Befangenheitsantrag gegen Richter Forstner. Der gebe „zu erkennen, dass sich zulässiges Verteidigungsverhalten strafschärfend auswirken kann und wird“, sagte Gelbart am letzten Prozesstag. Der Angeklagte müsse darum davon ausgehen, dass „das Urteil schon feststeht“.
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Forstner hatte die Verteidiger zuvor aufgerufen, das Verfahren nicht mit zahlreichen Beweisanträgen künstlich in die Länge zu ziehen, und gesagt, Prozessverhalten könne sich auf die Strafzumessung im Urteil auswirken. Das Gericht lehnte den Befangenheitsantrag ab. „Der Antrag dient lediglich der Verfahrensverschleppung“, sagte Forstner. „Verfahrensfremde Zwecke“ seien damit beabsichtigt.
Als die Verteidigung weiter über den Antrag diskutieren wollte, sagte Forstner: „Rügen Sie das in der Revision und gut ist.“ (dpa/fmg)
Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.
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