Berlin. Elke Heidenreich resümiert in ihrem Buch “Ihr glücklichen Augen“ ihre Reiseerfahrungen. Uns erzählt sie von ihrem Traumhaus in Italien.

Elke Heidenreich geht auf eine Zeitreise. In "Ihr glücklichen Augen" resümiert die 69-jährige Autorin und Moderatorin die Reiseerfahrungen ihres Lebens. Dies tut sie aus einer Perspektive der Milde und Gelassenheit, die sie besonders im Lauf der letzten Jahre gefunden hat. Mit dieser Haltung kann sie es auch hinnehmen, dass sich nicht alle Sehnsüchte erfüllten und dass sie sogar ihr Traumhaus in Italien aufgeben musste.

Wie man im Buch sehen kann, sind Sie ganz schön viel herumgekommen. Waren diese Trips von einer Lust am Abenteuer getrieben?

Elke Heidenreich: Nein. Meine Reisen hatten immer mit Musik zu tun. Sobald ich Geld hatte, bin ich in die Opernhäuser der Welt gereist. Ich war auch nicht so gesund, deshalb konnte ich mir Abenteuer gar nicht leisten. Ich brauchte immer ein anständiges Bett und eine vernünftige Verpflegung. Am Anfang habe ich gezeltet und bin getrampt, und im Alter wurden die Reisen etwas luxuriöser. Aber zu keiner Zeit war ich auf Abenteuer aus. Ich wollte vor allem Städte sehen. Zuhause mag ich Natur durchaus, heute morgen war ich schon eine Stunde im Wald, aber wenn ich verreise, brauche den nicht.

Spüren Sie trotz dieser ständigen Bewegtheit eine gewisse Verwurzelung an einem Ort?

Heidenreich: Ich merke schon, dass ich in Köln sehr fest zuhause bin. Das hat sich in den letzten 20, 30 Jahren so entwickelt. Aber das hat weniger mit der Stadt zu tun. Da, wo man lebt, wo die Bücher stehen, wo man arbeitet, wo einen die Erinnerungen praktisch aus den Regalen angucken, da fühlt man sich zuhause. Wobei ich die Stadt mit ihrer struppigen Hässlichkeit und die Menschen mit ihrer Mentalität sehr mag.

Gab oder gibt es Sehnsuchtsorte, denen Sie sich besonders verbunden fühlen?

Heidenreich: Italien ist mein Land. Egal wo ich in Italien bin, ich fühle mich sofort wohl. Ich mag die Italiener, ich mag das Essen, die Architektur, den Himmel. Ich weiß auch, dass das Land politisch heruntergewirtschaftet ist, aber es ist einfach wunderschön dort. Ich bin ganz oft kreuz und quer von Nord nach Süden gereist. Ich hatte überdies Jahre lang dort ein Haus. Und wenn ich noch jünger wäre, würde ich am liebsten in Italien leben. Aber nachdem sich das nicht ergeben hat, wohne ich in der nördlichsten Stadt Italiens, nämlich Köln.

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Wieso haben Sie Ihr Haus dort aufgegeben, wenn Italien ihr Wunschland ist?

Heidenreich: Das bereue ich heute sehr. Ich hätte es behalten sollen, Aber damals hatte ich einen Hund und fünf Katzen und bin von Baden Baden nach Köln umgezogen. Von Baden-Baden nach Italien waren es drei Stunden, und von Köln aus mehr als sechs. Das machen Sie mal mit fünf Katzen und einem Hund. Das war mir zu kompliziert.

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In Ihrem Buch schreiben Sie „Ich will mir für eine Weile die venezianische Sanftheit und Freundlichkeit bewahren. Die Grausamkeit kommt später schon von ganz allein.“ Hat sich letztere eingestellt oder stehen die Zeichen weiter auf italienische Sanftheit?

Heidenreich: Das ist wie bei jedem Menschen. Man kann mich reizen, und dann fahre ich meine Krallen raus, aber eigentlich möchte ich sanft und freundlich sein. Je älter ich werde, desto weniger rege ich mich über gewisse Dinge auf. Früher habe ich sofort gehupt, wenn einer an der Ampel nicht sofort bei Grün losfuhr, und heute denke ich mir, er wird ein bisschen dösen, da warte ich, bis er fertig gedöst hat. Ich werde gelassener und freundlicher – sogar ich.

Und das liegt nur am Älterwerden?

Heidenreich: Das liegt auch an meinem Job. In den Talkshows musste ich rabiat sein. Es macht ja keinen Sinn, wenn man immer nur diese Schönwettergespräche führt. Und ich war bei den Talkshows eingekauft, um den Politikern richtig auf den Zahn zu fühlen. Das habe ich gemacht, und das hat mir den Ruf eingebracht, so scharf zu sein, was ich im Leben gar nicht bin.

Elke Heidenreich bei einer Veranstaltung in Köln 2021.
Elke Heidenreich bei einer Veranstaltung in Köln 2021. © Henning Kaiser/dpa

Stört es nicht, wenn man auf die Rolle der Unruhestifterin festgelegt wird?

Heidenreich: Mich hat es nie gestört, was Leute über mich denken. Ich musste das tun, damit etwas in den Talkshows passiert. Wenn ich einen Politiker etwas gefragt habe und der sagte „Lassen Sie mich zunächst mal erklären“, dann sage ich: „Nein, Sie antworten zunächst auf meine Frage.“ Ich war da immer sehr gerade und direkt.

Aber ständig kontroverse Gespräche zu führen, dürfte auch Ihr Nervenkostüm strapaziert haben.

Heidenreich: Das ging mir schon so. Das macht etwas mit einem. Aber damit muss man fertig werden, sonst darf man so etwas nicht machen. Jetzt ist das vorbei. Heute sitze ich schön an meinem Schreibtisch, schreibe ich meine Bücher und lese die vergnügt vor. Ich bewege mich schon noch in der Welt, nur nicht mehr so aktiv wie damals. Mit 40 ist man eben anders engagiert als mit fast 80.

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Im Buch geht es ja auch um die Liebe. Sie schreiben da, dass die „unerfüllten Lieben oft die schönsten sind“. Ist das wirklich so?

Heidenreich: Nicht unbedingt. Es ist eine ewige Sehnsucht, aber es ist ja schön, wenn man überhaupt noch Gefühle haben kann. Man hat sie zumindest leuchtender in Erinnerung als die unglücklich schiefgegangenen Lieben.

Ist eigentlich Reisehunger inzwischen gestillt?

Heidenreich: Der Hunger nach fremden Ländern brennt nicht mehr in mir. Ich habe genug gesehen. Ich absolviere immer noch Lesereisen oder Auftritte in deutschsprachigen Ländern, aber ich muss nicht mehr nach China oder Amerika. Ich werde sicher noch einmal nach Venedig fahren, ansonsten muss ich nicht weiter in der Welt herumgurken.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.