Starnberg. Laut Berichten soll Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann zu ungewöhnlichen Mitteln gegriffen haben. Ein Rechtsexperte über den bizarren Fall.

Wenn Deutschlands friedlichste Vororte zu Kriegsgebieten werden, dann liegt es meist an zwei Nachbarn, die sich um zu lange Äste oder lärmende Kinder streiten. „Mann zersägt Garage des Nachbarn für den Seeblick“, lautete am Dienstag eine Meldung der Polizei im bayerischen Starnberg, einer der reichsten Gemeinden Deutschlands.

Jetzt heißt es: Bei dem Kettensägen-Angreifer soll es sich um Fußball-Nationalheld Jens Lehmann handeln, das berichten jedenfalls mehrere Medien wie Bild, ntv oder der SWR. Er soll der 52-Jährige sein, der mit der Kettensäge auf die Garage eines Nachbarn losgegangen ist, weil sie angeblich zu weit überragte.

Kai Motschmann, Polizeihauptkommissar in Starnberg, wollte weder bestätigen noch dementieren, dass es sich bei dem 52-Jährigen um Jens Lehmann handelt. Die Anzeige sei an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden, die nun ihre Ermittlungen aufnehme. Jens Lehmann war für unsere Redaktion am Donnerstag nicht zu erreichen.

Überwachungskamera zerstört – doch sie filmte weiter

Um 1,50 Meter soll die Garage auf Lehmanns Grundstück geragt haben. Wie die Polizei am Dienstag weiter mitteilte, zersägte ein Mann die Dachbalken der Garage und richtete einen Schaden von mehreren Hundert Euro an. Außerdem durchtrennte er vor der Tat das Kabel der Überwachungskamera.

Doch er hatte Pech: Das Gerät filmte batteriebetrieben weiter. Die Garage wurde bereits in den vergangenen zwei Jahren mehrmals beschädigt, damals entstand ein Schaden von mehr als 10.000 Euro. Nun wird geprüft, ob auch diese Zerstörungen auf denselben Täter zurückgehen.

Jens Lehmann wohnt in Promi-Idylle Starnberg

Der 52-jährige Ex-Nationaltorwart und heutige Fußballexperte für RTL wohnt seit 15 Jahren in der Villa am idyllischen Starnberger See, an dem Prominente wie Heiner Lauterbach, Peter Maffay, Carsten Maschmeyer und Veronica Ferres sowie der thailändische König Rama X. residieren.

Ob die Kameraaufnahmen als Beweismittel eingesetzt werden können, sei nicht sicher, erklärt der MDR-Rechtsexperte Gilbert Häfner. „Von einer Überwachungskamera darf nur das eigene Grundstück erfasst werden. Wenn der Angreifer die Kettensäge von seinem Grundstück aus einsetzte, ist der Film als Beweismittel nicht zulässig, egal wie deutlich man den Täter darauf erkennt.“

Bewährungsstrafe bei Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung möglich

Eine strafrechtliche Verfolgung mit dem Verdacht auf Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gegen einen Täter sei jedoch wahrscheinlich, so Häfner. Die Höchststrafe dafür seien zwei Jahre auf Bewährung. Im Falle einer Verurteilung liefe es wohl eher auf eine Geldstrafe in Höhe von 60 bis 90 Tagessätzen hinaus.

Der Täter wäre dann strafrechtlich vorbestraft, aber seine Straftat erschiene nicht in einem polizeilichen Führungszeugnis. Bei einem weiteren Vergehen könnte dann allerdings die Strafe empfindlich ausfallen bis hin zu einer Haftstrafe. Zivilrechtlich stünde dem Nachbarn Schadenersatz zu.

Nachbarschaftsstreit funktioniert nach Mechanismen wie ein Krieg

„Bei Nachbarschaftsstreits zeigen sich die gleichen Eskalationsmechanismen wie im Krieg“, erklärt Häfner weiter. „Jede Partei glaubt, sie reagiere nur auf die Handlungen des anderen. Die Wahrnehmungen liegen weit auseinander.“ Es sei ein zermürbender Zustand, bei dem beide Parteien verlieren, egal wer gewinnt. Denn jede Partei fühle sich in seinem Zuhause dann permanent belauert – ein Dauerstresszustand. Oft ende es damit, dass einer wegziehe. Der Rechtsexperte rät zum Nachgeben.

Jens Lehmann geriet immer wieder mit umstrittenen Äußerungen in die Schlagzeilen

Ruhe und Gelassenheit, diese Tugenden seien unter Nachbarn eine Art Erfolgsrezept. Eigenschaften, die der ehemalige Top-Torwart, an dessen Grundstück der Nachbarschaftsärger passiert ist, privat nicht immer gezeigt haben soll.

Der gebürtige Essener geriet zum Beispiel mit einer umstrittenen Äußerungen in die Schlagzeilen: „Ist Dennis eigentlich euer Quotenschwarzer?“, fragte Lehmann über Whatsapp in einer privaten Nachricht, die er versehentlich an den damit gemeinten Dennis Aogo schickte. Auch sein Vergleich der Corona-Pandemie mit der Grippe kam nicht wirklich gut an.

Die Säge-Aktion an der Lehmannschen Grundstücksgrenze am Starnberger See sorgt jedenfalls schon für viel Spott im Netz. Toni Kroos witzelte auf Twitter: „Wer würde das Video noch so gerne sehen wie ich?“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.