Berlin. Eine neue Studie belegt, dass viele Frauen in Deutschland den Wechsel von Tampons und Binden hinauszögern – aus finanziellen Gründen.

  • Menstruation ist in Deutschland immer noch mit Tabus belegt
  • Es gibt erheblichen Wissensmangel zur Periode bei jungen Frauen und Mädchen
  • 79 Prozent der Männer haben schon Witze über Periode und Menstruation gemacht

Wenn Mädchen zwischen elf und 13 Jahre alt sind bekommen sie im Durchschnitt ihre erste Periode. Von da an bis zu den Wechseljahren zwischen 45 und 55 Jahren meldet sich einmal im Monat ihr Körper. Kommt es zu keiner Befruchtung stößt der Körper die Gebärmutterschleimhaut mit der Monatsblutung ab.

Zwischen 3 und 7 Tagen müssen sich Frauen mit Hygieneartikeln versorgen, um sich frei bewegen zu können, um Sport zu machen, ihre Kleidung zu schützen und peinlichen Momenten vorzubeugen. Eine neue Studie hat nun ergeben, dass jede vierte Frau in Deutschland finanzielle Mühe hat, sich während ihrer Periode mit Tampons und Binden zu versorgen. Menstruation ist in Deutschland zu teuer und noch immer mit vielen Tabus belegt.

Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Kinderrechtsorganisation Plan International in Deutschland. Der Bericht „Menstruation im Fokus. Erfahrungen von Mädchen und Frauen in Deutschland und weltweit“ wurde in Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Organisation WASH United erstellt – dafür wurden bundesweit jeweils 1000 Frauen und Männer zwischen 16 und 45 Jahren befragt.

Periode: Vielen Frauen sind Tampons und Binden zu teuer

Demnach würde sich jede zweite Frau in Deutschland besser mit Tampons und Binden versorgen, wenn diese weniger Geld kosten würden. Und jede Zehnte gab an, den Wechsel von Binden, Tampons oder Slipeinlagen wegen Geldmangels hinauszuzögern.

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Die Befragung habe auch gezeigt, dass es einen erheblichen Wissensmangel unter jungen Frauen und Mädchen zum Zeitpunkt ihrer ersten Periode gebe. Rund ein Fünftel der Teilnehmerinnen wusste nicht, was mit ihnen geschah, als die erste Monatsblutung einsetzte.

„Periodenarmut“ ist in Deutschland eine Realität

„Wir sind noch weit davon entfernt, eine vorurteilsfreie, aufgeklärte und periodenfreundliche Gesellschaft zu sein“, sagte Kathrin Hartkopf, Sprecherin der Geschäftsführung von Plan International Deutschland. Gerade für junge Menschen seien die Kosten für Hygieneartikel eine finanzielle Belastung. „Die sogenannte Periodenarmut ist also auch in Deutschland Realität“, so Hartkopf weiter. Plan International fordert daher die Politik auf, dringend zusätzliche Mittel für kostenlose Binden und Tampons in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie öffentlichen Gebäuden bereitzustellen.

Tabus und Stigmata rund um die Periode seien auch im Jahr 2022 noch an der Tagesordnung. Rund ein Drittel der Befragten fühlt sich aufgrund der Menstruation „unrein“. 97 Prozent der befragten Mädchen und Frauen empfinden Blutflecken auf der Kleidung als „Worst Case“-Szenario.

Männer machen Witze über Periode oder blöde Sprüche

79 Prozent der befragten Männer haben schon mal einen „blöden“ Spruch über die Periode gemacht oder eine solche Bemerkung bei einem Freund mitbekommen. Thorsten Kiefer, CEO von WASH United, sagte, dass die Unwissenheit unter Mädchen zwar „schockierend“ sei, aber angesichts der Defizite bei der Menstruationsaufklärung an Schulen aber „wenig überraschend“. Die Organisation veröffentlichte daher den Leitfaden „Emmas Welt“ für Aufklärungs-Workshops an Schulen.

Gerade erst hat das spanische Parlament beschlossen, dass Frauen zusätzliche Krankentage bei Menstruationsbeschwerden nehmen dürfen, wenn sie unter Regelschmerzen leiden. Die Entscheidung wurde weltweit diskutiert.

Endometriose sind Wucherungen, sie sind häufig eine Ursache für Unterleibsschmerzen während der Periode.
Endometriose sind Wucherungen, sie sind häufig eine Ursache für Unterleibsschmerzen während der Periode.

Schmerzen im Unterleib, Scham sich krankzumelden wegen der Periode

Weitere Erkenntnisse der Studie: 72 Prozent der Mädchen und Frauen haben Unterleibsschmerzen und Krämpfe und 39 Prozent nehmen Schmerzmittel gegen die Beschwerden. Und rund 62 Prozent der Mädchen und Frauen sagen Aktivitäten aufgrund von Schmerzen ab, empfinden das jedoch als unangenehm oder sehr unangenehm und stoßen in ihrem Umfeld auf zu wenig Toleranz.

Am größten ist die Sorge bei Krankmeldungen in Job, Schule, Ausbildung oder Universität: 23 Prozent befürchten hier Unverständnis oder negative Konsequenzen, wenn sie aufgrund von Periodenbeschwerden fehlen. Ein weiterer Ausweis, so die Studienmacher, für eine tief verwurzelte Benachteiligung der Betroffenen in der deutschen Gesellschaft.