Berlin. Der ehemalige Tennisprofi war bereits Anfang April schuldig gesprochen worden. Jetzt steht fest, welche Strafe Boris Becker erhält.

Es war ein Psychokrimi für Boris Becker. Wochenlang musste er auf das Urteil warten, Großbritannien durfte er seitdem nicht verlassen. Am Freitag sitzt einer der prominentesten Deutschen sichtbar angespannt und mit hochrotem Kopf in einem Glaskasten im South­wark Crown Court in London und erfährt endlich, wie es mit ihm weitergeht: Der ehemalige Tennisstar Boris Becker ist wegen seiner Insolvenzstraftaten zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der dreifache Wimbledon-Sieger wurde umgehend in Gewahrsam genommen. Er hat nun 28 Tage Zeit, um gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.

Die Entscheidung bedeutet die größte Niederlage seines von Höhen und Tiefen geprägten Lebens. Bis zuletzt hatte er darauf gehofft, Bewährung und somit noch einmal eine Chance zu bekommen. Vergeblich. Sollte Becker mit einem Prominentenbonus gerechnet haben, wurde er enttäuscht. Von seiner Haftstrafe muss er mindestens die Hälfte absitzen, urteilte Richterin Deborah Taylor. Becker war am Freitag vor den Kameras der Weltpresse in Begleitung seiner Partnerin Lilian de Carvalho Monteiro und seines ältesten Sohnes Noah am Gericht erschienen. Sie müssen erst mal ohne ihn weiterleben. Lesen Sie auch: Boris Becker sollte sich ein Beispiel an Uli Hoeneß nehmen

Boris Becker wurde schon 2002 wegen Steuerhinterziehung verurteilt

Der 54-Jährige, Vater von vier Kindern, war im Juni 2017 vom High Court in London für insolvent erklärt worden und hätte damit alle privaten Vermögen offenlegen müssen. Stattdessen sah es die Jury als erwiesen an, dass er 427.000 Euro aus seinem Vermögen abgezweigt und an Dritte überwiesen hatte. Er legte zudem den Besitz einer Immobilie in Leimen nicht offen. Außerdem verheimlichte er einen Kredit in Höhe von 825.000 Euro einer Bank in Liechtenstein sowie Anteile an einem Datenunternehmen.

Staatsanwältin Rebecca Chalkley sagte am Freitag, Becker habe einen schweren Vertrauensbruch begangen. Sie verwies darauf, dass er schon 2002 in München wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden war. Chalkley nannte keine Strafmaßforderung, machte aber deutlich, dass sie eine Bewährungsstrafe nicht für ausreichend halte. Dass er am Tag nach der gerichtlich angeordneten Insolvenz noch hohe Summen überwiesen hatte, ähnele Geldwäsche.

Boris Becker und seine Lebensgefährtin Lilian de Carvalho Monteiro auf dem Weg zur Strafmaßverkündung
Boris Becker und seine Lebensgefährtin Lilian de Carvalho Monteiro auf dem Weg zur Strafmaßverkündung © dpa

Becker muss in Haft: Britische Gefängnisse haben schlechten Ruf

Beckers Anwalt Jonathan Laidlaw hingegen bat um Milde und sprach sich für eine Bewährungsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren aus. Bei den Überweisungen habe es sich um Zahlungen an seine Ex-Frau Barbara sowie seine Gattin Lilly und seine Kinder gehandelt, die von ihm abhängig gewesen seien. Laidlaw räumte ein, dass Becker damit das Gesetz gebrochen habe, es sei aber kein schwerwiegender Fall. Der Badener habe sich in einer verzweifelten finanziellen Lage befunden.

Becker erwartet eine schwere Zeit: Britische Gefängnisse gelten im Vergleich zu deutschen als unhygienisch, ehemalige Insassen beschreiben das Knastessen als „Matsch“. Soweit absehbar, wird er die nächsten Jahre in einer acht Quadratmeter kleinen Zelle verbringen, die er sich mit einem weiteren Häftling teilen muss. Zwei Betten, eine Toilette, ein Schreibtisch, ein paar Schränke – in dieser Umgebung wird Becker 23 Stunden am Tag eingesperrt sein. Er sollte bereits die Nacht zum Samstag im Gefängnis verbringen.

Beckers Verteidigungsstrategie ist gescheitert

Becker hat im Prozess kaum Reue gezeigt. Er wies die Vorwürfe stets zurück und betonte, falsch beraten worden zu sein. Eine Strategie, die sich als falsch erwiesen hat. Richterin Taylor warf ihm vor, er habe aus seiner Vergangenheit nichts gelernt, und machte deutlich, dass man Worte des Bedauerns vermisst habe. Unehrlichkeit werde nicht akzeptiert.

Britische Paparazzi haben Becker in den letzten Tagen auf Schritt und Tritt verfolgt. Die „Daily Mail“ spürte ihn auf, als er sich mit seinem zwölfjährigen Sohn Amadeus traf. Und auch, als Becker das Büro eines Filmemachers verließ. Womöglich plant er, dieses dramatische Kapitel dokumentieren zu lassen. So könnte er wenigstens neue Einnahmen generieren – wenn er eines Tages wieder in Freiheit ist.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de