Washington. Sie ist Sängerin, Schauspielerin, Regisseurin, Entertainerin und Kämpferin: Am Sonntag feiert Barbra Streisand ihren 80. Geburtstag.

Vielleicht ersteigert sie wieder ein Kunstwerk. Vielleicht spekuliert sie via Computer an der Börse. Vielleicht gibt sie ihrer kurz vor der Vollendung stehenden Autographie den letzten Schliff. Vielleicht bekrittelt sie in sozialen Medien die Republikaner, weil die immer noch zu Donald Trump halten. Barbra Streisand ist auch im hohen Alter ein Morgenmensch Auch an ihrem Ehrentag.

In ihrem üppigen Anwesen im kalifornischen Malibu mit dem Pazifik im Rücken feiert die letzte noch lebende Multitalente-Diva, die auf dem Theater, vor der Film-Kamera, im Aufnahme-Studio wie auf der Konzertbühne gleichermaßen Millionen zu Tränen gerührt und begeistert hat, am Sonntag (24.4.) ihren 80. Geburtstag.

Barbra Streisand: Sängerin wuchs in jüdischem Haushalt in Brooklyn auf

Barbra Streisand wuchs in einem jüdisch-orthodoxen Haushalt im New Yorker Stadtteil Brooklyn auf. Ihr Großeltern hatten ukrainische und russische Wurzeln, weshalb sie unter dem aktuellen Krieg besonders leidet. Vater Emanuel war Grundschullehrer. Er starb, als sie 15 Monate alt war. Mutter Diana Ida, eine strenge Schulsekretärin, wollte ihre an die Showbühne drängenden Talente nicht fördern.

Herabsetzungen („Ich war unscheinbar, dünn, hässlich und niemand wollte mit mir spielen“) konterte die junge Streisand, die schon als Kind wegen ihres klassenclownigen Humors und einer glockenhell-unirdischen Stimme in der Nachbarschaft bekannt war, durch noch mehr Entschlossenheit, es allen zu zeigen. Um aufzufallen, löschte sie früh das zweite „A“ aus ihrem Geburtsnamen Barbara.

„Funny Girl” war Streisands Durchbruch

Nach dem Broadway-Debüt im Musical „I Can get It For You Wholesale” 1961, da war sie noch keine 20, kam mit dem später verfilmten und Oscar-prämierten „Funny Girl” 1964 der Durchbruch.

Die Rolle der jüdischen Komödiantin Fanny Brice, die Anfang des 19. Jahrhunderts zum Broadway-Star avancierte, obwohl sie als potthässlich galt, saß der Frau mit dem markanten Riechorgan und dem leichten Silberblick wie eine zweite Haut.

Barbra Streisand: 190 Millionen Alben verkaufte die Sängerin

Was folgte, war eine Karriere fürs Guiness-Buch der Rekorde. An die 190 Millionen Alben hat die seit 1998 in zweiter Ehe mit dem Mimen James Brolin verheiratete Streisand verkauft. Mehr als die „Beatles”. Mehr als die „Stones”.

20 Filme stehen auf ihre Habenseite. Darunter das Jahrhundert-Epos „The Way We Were“ an der Seite von Robert Redford. Das gleichnamige Titellied, ein Taschentuch-Song, bringt noch heute Zuhörer zum Weinen. Warum? Weil Streisands nie auf dem Konservatorium geschulte High-End-Stimme „wie flüssige Diamanten“ klingt. Sagte einmal ein gewisser Barack Obama.

2015 empfängt Barbra Streisand die
2015 empfängt Barbra Streisand die "Medal of Freedom" vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama. © Michael Reynolds/EPA/dpa

Politisch stand Streisand immer auf Seite der Demokraten

Er und andere Top-Demokraten, angefangen bei John F. Kennedy bis zum heutigen Mann im Weiße Haus, Joe Biden, wissen Barbra Streisand seit einem halben Jahrhundert als zahlungskräftige Unterstützerin und Aktivistin an ihrer Seite.

Für Donald Trump hatte die in der Frauen- und Schwulenbewegung als Ikone geltende Entertainerin (Jason, ihr Sohn aus erster Ehe, ist homosexuell) nur Wut und Verachtung über.

Oscar, Tony, Emmy, Grammy – Streisand gewann alle Preise

Barbra Streisand gewann alle renommierten Preise der Unterhaltungs-Branche: Oscar, Tony, Emmy, Grammy. Auch weil sie dickköpfig bis zum Geht-nicht-mehr sein konnte, wenn es ihr wichtig war. Wie zum Beispiel bei „Yentl“.

Jahrelang lief sie in Hollywood von Studio zu Studio, um die von Isaac B. Singer betörend aufgeschriebene Geschichte über ein jüdisches Mädchen, das als Junge verkleidet eine Talmud-Schule besucht, sich in einen Studenten verliebt und am Ende eine Frau heiratet, auf Zelluloid zu bannen. Niemand biss an.

Am Ende schrieb Babra Streisand 1983 das Drehbuch eigenhändig, übernahm die Hauptrolle, führte Regie und war obendrein auch noch Produzentin. Das Schlusslied „Papa, Can You Hear Me“, gewidmet ihrem 1943 verstorbenen Vater, sorgte bei ihren umjubelten Live-Konzerten (2007…Waldbühne Berlin…Sternstunde) regelmäßig für Gänsehaut.

Barbra Streisand: Der Superstar leidet unter Lampenfieber

Auch bei ihr selbst. Denn die Streisand leidet chronisch an Lampenfieber.1967 überkam sie bei einem Konzert im New Yorker Central Park eine ausgewachsene Panik. Bis Mitte der 90er Jahren blieb sie der Bühne fern. Im Corona-Sommer 2021 veröffentlichte sie ihr vorläufig letztes Album. „Release Me 2” - ein Potpourri aus B-Seiten ihrer Karriere.

Barbra Streisand, die sich selbst als „feministische, jüdische, liberale, meinungsstarke Frau” bezeichnet, lebt bis heute vor, wie man sich fragwürdigen Schönheits-Diktaten verstellt und demonstrativ Selbstakzeptanz vorlebt. Die Nase, deren verkrümmter Scheidewand sie das einzigartige Timbre ihrer Stimme verdankt, ist immer noch herrlich krumm und schief.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.