Berlin. Die Corona-Pandemie verliert ein wenig an Schrecken, meint unsere Autorin. Doch für weitreichende Lockerungen ist es noch zu früh.

Eines ist ganz sicher, der Frühling kommt. Allergiker-Nasen spüren das. Tatsächlich fliegen schon Pollen herum, starker Pollenflug von Erle in Mannheim, geringes Aufkommen in Berlin und Erfurt, am Freitag geht es auch in Hamburg los mit der Hasel, gleiches blüht den Essenern und Braunschweigern. Was das jetzt mit Corona zu tun hat? Pollenflug gleich Frühlingsbeginn! Das heißt, das Ende der Corona-Saison zumindest für diesen Winter ist in Sicht.

Denn die Menschen halten sich wieder mehr im Freien auf und das bedeutet, dass sich auch weniger Menschen in den nächsten Wochen mit dem Coronavirus anstecken werden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich SARS-CoV-2 in der kälteren Jahreszeit besser verbreitet und sich im Sommer die Übertragungsdynamik tendenziell eher abschwächt. Wie bei den Grippeviren eben, die sich drinnen im Warmen gut halten.

Coronavirus: UV-Strahlen bringen das Virus zum Platzen

Hinzu kommt: Bis zu einer Temperatur von zehn Grad im Freien bleibe die sogenannte Coronavirus-Hülle stabil, wird es wärmer, scheint die Sonne, schädigen UV-Strahlen das Virus so, dass sich die Fettmoleküle in der Hülle verändern – bis sie platzt. Das sind doch gute Aussichten!

Zudem ist der sogenannte R-Wert, der besagt, wie viele Menschen ein bereits Infizierter durchschnittlich ansteckt, seit dem 19. Januar gesunken und zwar unter den Wert von 1, das heißt die Ausbreitung verlangsamt sich. Auch ist die Zahl der Menschen, die nach einer Ansteckung mit dem Virus ins Krankenhaus gekommen sind, seit Mitte November kontinuierlich gefallen. Tatsächlich sterben auch weniger Menschen als noch Mitte Dezember an den Folgen einer Corona-Infektion.

Die Pandemie verliert ein wenig an Schrecken

Auch wenn die Zahl der Fälle insgesamt noch auf hohem Niveau ist und natürlich jeder Corona-Tote zu betrauern ist, gibt es doch einen Lichtblick am Ende des Tunnels. Im Grunde kann man die Entwicklung so interpretieren: Die Corona-Pandemie verliert im Moment ein wenig von ihrem Schrecken. Und vielleicht kommt es auch so, wie SPD-Chef Lars Klingbeil gerade hoffte: In zwei, drei Wochen ist die Omikron-Welle überwunden und so lange müssen sich alle in diesem Land noch unterhaken und mitmachen.

Trotzdem kann es Deutschland mit der Pandemie auch wie im vergangenen Jahr ergehen, der Sommer war schön, an Corona hat kaum einer mehr gedacht, es wurde weniger geimpft, erst kam Delta dann Omikron, Welle für Welle schränkte Corona den Alltag wieder ein. Immer noch sind rund 20 Millionen Menschen in Deutschland nicht gegen das Virus geimpft. Zieht man die ungeimpften Kinder ab, bleiben derzeit noch rund 16 Millionen Ungeimpfte, 19 Prozent der Bevölkerung, die sich impfen lassen könnten, aber bisher den Weg zum Arzt oder Impfzentrum noch nicht gegangen sind. Auf diese Gruppe kommt es weiterhin an. Denn was nach Omikron kommt, kann niemand genau sagen.

Der Staat darf sich von „Freiheitskonvois“ nicht erpressen lassen

Redakteurin Diana Zinkler findet weitreichende Corona-Lockerungen noch zu früh.
Redakteurin Diana Zinkler findet weitreichende Corona-Lockerungen noch zu früh. © FMG | FMG

Natürlich hoffen alle auf das Ende der Pandemie und den Beginn der Endemie und viele rufen jetzt nach den Lockerungen, manche protestieren, andere wollen mit „Freiheitskonvois“ den Staat sogar erpressen, endlich die Corona-Beschränkungen aufzugeben. So wie es schon in Dänemark und Schweden geschehen ist. Doch was für diese Länder gilt, ist aus unterschiedlichen Gründen für Deutschland nicht anwendbar.

Von daher, auch wenn wir uns emotional schon ein wenig locker machen können, der Spuk ist noch nicht vorbei, und weitreichende Lockerungen zu diesem Zeitpunkt, an dem die Fallzahlen in Deutschland noch steigen, wären falsch. Denn auch die Ungeimpften, die den großen Anteil derer ausmachen, die auf den Intensivstationen um ihr Leben ringen, verdienen den Schutz des Staates und der Gesellschaft.

Dieser Artikel ist zuerst auf morgenpost.de erschienen.