Berlin. Studien aus den USA und Österreich zeigen: Der höchste Schutz vor dem Coronavirus besteht nach Impfung und überstandener Infektion.

Gibt es eine Superimmunität gegen das Coronavirus? Studien aus den USA und Österreich weisen darauf hin. Dabei ist es weder die Impfung allein noch eine überstandene Infektion, die für sich genommen vor weiteren Ansteckungen schützt – sondern die Kombination aus beidem.

Menschen, die eine sogenannte Durchbruchsinfektion überstanden haben, sind danach vor weiteren Ansteckungen mit Sars-CoV-2 weitgehend geschützt. Das zeigen Daten einer Studie der Oregon Health and Science University.

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Hochschule in Portland im US-Bundesstaat Oregon hatten Durchbruchsinfektionen bei Ärzten, Pflegekräften und anderem medizinischen Personal untersucht. Alle Teilnehmer der Studie hatten sich trotz vollständigem Impfschutz mit verschiedenen Corona-Mutanten infiziert, die im Vorfeld der Delta-Variante aufgetreten waren.

Superimmunität: Infektion und Impfung bieten hohe Immunisierung

Die Betroffenen bildeten Antikörper, die sie auch gegen eine Infektion mit der dann neu auftretenden Delta-Variante schützten. Diese Kreuzimmunität, also eine Immunabwehr, die nach dem Kontakt mit einem Erreger auch gegen andere Varianten dieses Erregers wirkt, ließe sich als „Superimmunität“ bezeichnen.

Entscheidend dabei: Die bloße Infektion führt nach Angaben der Wissenschaftler nicht zur Superimmunität. Dieser erhöhte Schutz wurde nur bei einer zusätzlichen Impfung festgestellt.

Der beste Schutz vor dem Coronavirus ist nur mit einer Impfung gegeben. Ungeimpfte bilden einer aktuellen Studie zufolge auch nach einer überstandenen Infektion mit einer Vorgänger-Variante kaum nennenswerte Antikörper gegen die Omikron-Mutante aus.
Der beste Schutz vor dem Coronavirus ist nur mit einer Impfung gegeben. Ungeimpfte bilden einer aktuellen Studie zufolge auch nach einer überstandenen Infektion mit einer Vorgänger-Variante kaum nennenswerte Antikörper gegen die Omikron-Mutante aus. © dpa | Moritz Frankenberg

Gilt das auch für die Omikron-Variante?

Auch bei einer Infektion mit der aktuell dominierenden Omikron-Variante könnte dieses Phänomen wirksam sein. Darauf weisen Forscher des Instituts für Virologie der Medizinischen Universität Innsbruck nach der Untersuchung von mehr als 80 Blutproben von Corona-Patienten und -Patientinnen hin.

Die Studie aus Österreich ist jedoch noch nicht begutachtet worden. Das heißt, sie wurde noch nicht von Fachkolleginnen und -kollegen geprüft. Diese sogenannte „Peer-Review“ ist in der Regel Voraussetzung für die Veröffentlichung der Studienergebnisse in einem Fachmagazin.

Das Forscherteam um die Virologin und medizinische Beraterin der österreichischen Regierung, Dorothee von Laer, untersuchte den Antikörperspiegel von ausschließlich Genesenen oder Geimpften sowie von Menschen, die sich vor oder nach der Impfung infiziert hatten.

Corona: Ungeimpfte hatten nach Infektion keinen Schutz vor Omikron

Ungeimpfte hatten nach einer Infektion mit der Alpha-, Beta- oder Delta-Variante so gut wie keine neutralisierenden Antikörper gebildet, die gegen die Omikron-Variante hätten wirken können. Menschen mit vollständigem Impfschutz hatten dagegen einen gewissen Schutz auch gegen Omikron. Lesen Sie mehr: Sollten Ungeimpfte ihre Corona-Behandlung selbst bezahlen?

Die deutlich meisten Omikron-Antikörper bildeten jedoch Geimpfte nach überstandener Durchbruchsinfektion aus oder Genesene, die sich nachträglich noch hatten impfen lassen. Auch in diesem Fall entsteht die „Superimmunität“ als der Kombination von Impfung und überstandener Infektion.

Forscher warnen: Infektion nicht absichtlich herbeiführen

Da die Ergebnisse zu vorschnellen Schlüssen führen könnten, warnen Forscher allerdings ausdrücklich vor der Idee, eine Infektion absichtlich herbeizuführen, um die Immunität zu erhöhen. Jede Infektion muss zunächst überstanden werden. Sie berge stets die Gefahr einer ernsthaften Erkrankung – schlimmstenfalls der Tod oder zumindest dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen können die Folge sein.

„Es ist immer noch ein Virus, das sehr schwer krank machen kann“, sagte die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann, stellvertretende Vorsitzende des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, mit Blick auf die aktuell dominierende Omikron-Variante. Eine Infektion mit dieser Mutante verläuft häufig milder – und führt doch auch zu Todesfällen.

Selbst milde Infektionen können Herz, Lunge und Nieren schädigen

Eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hat ebenfalls gezeigt, dass eine milde bis moderate Covid-19-Erkrankung die Funktionen von Herz, Lunge und Nieren mittelfristig beeinträchtigen kann.

Der US-Infektiologe Robert L. Murphy, Direktor des Instituts für globale Gesundheit an der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago, warnte drastisch vor einer absichtlichen Infektion: „Es ist, als würde man mit Dynamit spielen“, sagte er gegenüber dem Nachrichtensender CNN. Jeder, der das versuche, sei „verrückt“.

Dieser Artikel ist zuerst auf morgenpost.de erschienen.